Predigt: Herrlichkeit und Nähe (Offenbarung 1, 9-18) 21. Januar 2018

Die Vision des Johannes malt mit befremdlich-wuchtigen Bildern Christus als den erhabenen Weltherrscher. Und doch enthält diese Szene einen wichtigen Moment der Nähe und Zärtlichkeit.

Liebe Gemeinde,

darf ich Sie heute auf eine Reise mitnehmen?
Zunächst dorthin, wo der heutige Bibeltext entstand: Auf die Insel Patmos in der Ägäis. Rhodos ist gar nicht so weit weg.

PATMOS
Da sitzt Johannes, der Verfasser des letzen biblischen Buchs, der Offenbarung. Er wohnt da unfreiwillig; man hat ihn dorthin abserviert – weg aus Kleinasien, wo er als christlicher Prediger den römischen Landesherren lästig geworden war.
Nicht nur ihm hat man übel mitgespielt. Auch für die wachsende christliche Gemeinde wurde ums Jahr 90 vieles schwieriger. Ablehnung, Kritik, Verfolgung.

Johannes predigte von Jesus als Herrn der Welt und erlebte gleichzeitig, dass die Römer das Sagen hatten. Ich denke, ihm werden da so manche Fragen durch den Kopf gegangen sein.
Und da passiert etwas, was Johannes schwer in Worte fassen kann. Aber doch hat er es aufgeschrieben.
Und nun meine Bitte: Trauen Sie sich und lassen Sie das, was Sie als Predigttext hören, vor Ihrem inneren Auge auch einmal entstehen.
Ein bisschen Kopfkino- Auch wenn es da vielleicht ein paar seltsame Bilder ergibt.

Ich lese aus dem ersten Kapitel der Offenbarung: (Offenbarung 1, 9-18)
Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heißt, um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses von Jesus.
10 Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune,
11 die sprach: Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea.
12 Und ich wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter
13 und mitten unter den Leuchtern einen, der war einem Menschensohn gleich, angetan mit einem langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel.
14 Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme
15 und seine Füße wie Golderz, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen;
16 und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht.
17 Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte
18 und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

HERRLICHKEIT

Liebe Gemeinde,
kommen wir von dieser Reise in eine außergewöhliche Bilderwelt zu uns zurück. Mir scheint es so, als hätte Johannes für einen Moment hinter die Kulissen der Welt blicken dürfen. Einmal erkennen, was eigentlich los ist. Ein bisschen Himmel sehen.

Aber offenbar erkennt er Dinge, die man nur schwer in Worte fassen kann – und so entstehen Bilder und Vergleiche, die sehr ungewöhnlich, auch irgendwie komisch klingen.

Und doch hat das für ihn einen großen Wert! Weil er nun mehr sieht und versteht, als bisher.
Eben war er noch von Zweifeln zerfressen: Denn die Römer zeigten offen ihre politische Macht und unterdrückten die Christen. Jesus wurde dabei zur geschichtlichen Randfigur. Ein Wanderprediger aus Galiläa. Mehr nicht. Unrasiert mit dreckigen Füßen. Noch dazu elend am Kreuz hingerichtet.

Und jetzt dieser Blick hinter die Kulissen der Welt. Da sieht er, was bei Jesus wirklich dahinter steckt. Und alles war er da beschreibt, scheint einen tieferen Sinn zu haben.

~ Er sieht Jesus Christus mit einem goldenen Gürtel über der Brust – nur Könige trugen ihn so. Damit beantwortet der Himmel die Machtfrage klar: Nicht der Kaiser, sondern dieser Christus ist der Herr des Planeten.

~ Augen hell wie Feuer: Leuchtende Augen, denen nichts verborgen ist. Einer der auch in die finsteren Ecken schaut. Auch das verborgene himmelschreiende Unrecht wird von ihm gesehen. Alle, die still leiden, denen niemand Glauben schenkt: Er durchdringt alle Mauern des Schweigens und der Lüge. Sein Blick macht es hell.

~ Seine Füße, wie glühendes Gold. Das sind nicht mehr die dreckigen Sandalen eines Wanderpredigers. Hier hat einer einen festen Stand. Ihn wirft nichts und niemand um. Und ich erinnere mich an die Erzählung vom Koloss auf tönernen Füßen, der prächtig und goldglänzend da stand, aber seine Füße waren aus Ton. Und ein einzelner Stein zerbrach die Tonfüße und alles krachte zusammen.
Dieser Christus mit Goldenen Füßen steht sicher – für ewig.

~ Und Jesu Stimme, donnernd wie ein Wasserfall: Seine Worte werden nicht überhört.

~ Dazu das Schwert, das aus dem Mund Jesu kommt. Wohl das ungewöhnlichste dieser Bilder. Auch da geht es um die Qualität von Jesu Worten. Was er sagt, kann Menschen treffen, wie ein Stich ins Herz. Das tut manchmal auch weh, weil es unsere wunden Punkte trifft. Ein Schwert, das scharf genug ist und um zwischen Recht und Unrecht zu trennen und zwischen richtig und falsch. Klare Worte statt Wischiwaschi.

NÄHE

Liebe Gemeinde,

So sieht Johannes Jesus Christus in diesem Moment.
Der mächtige Christus. Ehrfucht gebietend.
Der kuschelige langhaarige Jesus mit seinen 12 Jüngern, der Liebe predigt, ist die eine Seite. Aber in diesem netten Jesus von nebenan steckt eben noch ein ganz anderer.
Unsere Konfis kennen es aus dem Taufbefehl: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“. In dieser Vision wird das sichtbar: Jesus, der Sohn Gottes und Herrscher der Welt.

Ich habe Ihnen vorhin eine Reise angekündigt. Sind Sie bis zum Ende mitgereist zu diesem ganz anderen Jesus? Oder wars zu viel? Waren die Bilder zu krass, zu massiv?

Für Johannes, der das nicht vorgelesen bekommen hat, sondern selbst erlebte, war es zumindest zuviel:
„Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot” – so schreibt er. Er wird förmlich erschlagen von der Wucht dessen was er da vor seinem inneren Auge sieht.

Und was geschieht? : Jesus beugt sich zu ihm herab, berührt ihn mit seiner rechten Hand. „Fürchte dich nicht“ – In finde diese Szene faszinierend.

Dieser heilige, unwirklich-unnahbare Herr schlüpft heraus aus dieser himmlischen Macht-und Pracht-Szene und legt zärtlich seine rechte Hand auf den Menschen Johannes. Er sorgt sich um ihn.
Der Ewige berührt den vergänglichen Menschen.
Da erkenne ich auch wieder die Züge des Jesus von Nazareth; der Kranke geheilt hat und Kinder gesegnet hat.
Jesus Christus Mensch und Gott!

Selbst da, hinter den himmlischen Kulissen. Da, wo Gottes Herrlichkeit kein Ende kennt, da ist Jesus Christus kein anderer, als der, den die Menschen kennen gelernt haben:

~ Als Herr der Welt und zugleich als Helfer des einzelnen.
~ Derjenige der die Macht des Todes zerbrochen hat, und den meine kleinen und großen Sorgen kümmern.
~ Einer, der über den Mächten dieser Welt steht – und der zugleich mein Gebet hört.

~ Der Große, der für mich Kleinen da ist: Er sagt: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige.

Und der Friede Gottes, welcher Höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
AMEN

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