Radioandachten auf Charivari 98,6 im November 2014

Montag: Wieder keinen Hit geschrieben

„Ich hab heut wieder keinen Hit geschrieben” – den Titel von den Sportfreunden Stiller kann man zur Zeit alle paar Stunden im Radio hören.
Ich hab heut wieder keinen Hit geschrieben, doch damit hab ich meinen Frieden. Schön –  heute also mal nicht die Welt gerettet, nicht die Sensation aufs Papier gebracht, nicht die bahnbrechende Erfindung des Jahrhunderts gemacht … naja, dann eben morgen, oder übermorgen.
Ehrlich gesagt: Das ist doch Quatsch! Die wenigsten Menschen müssen täglich einen Hit komponieren oder sonstige weltbewegende Heldentaten vollbringen.
Das Problem ist doch eher der ganze Kleinkram in der Arbeit und im Privatleben. Vor lauter Kleinscheiß kommst du nicht dazu, einmal was großes zu machen, deine kleinen Träume zu verwirklichen.
Ich würde das Lied am liebsten umdichten:
Ich hab heut endlich meinen Hit geschrieben.
Endlich das wichtige nach vorne zu schieben.
Ich habe meine Angst und Trägheit überwunden,
vielleicht auch nur für ein paar Stunden.
Schreiben Sie Ihren Hit!
Schaun Sie mal wieder auf das war wirklich wichtig für Sie ist.
Der Alltag, holt Sie schon früh genug wieder ein.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen

Dienstag: Sankt Martin

Guten Morgen
Heute ist Martinstag.
Mit Laternenumzüge erinnern wir an diesen Soldaten Martin, der einst in einer kalten Nacht mit einem Bettler seinen Mantel geteilt hat. Später im Traum ist diesem Martin Jesus begegnet und hat ihm gesagt: Derjenige, mit dem du den Mantel geteilt hast, das bin ich gewesen! Du hast mit Jesus den Mantel geteilt!
Eine schöne Erzählung … aber ganz so romantisch wird dem St. Martin damals gar nicht zumute gewesen sein! Schließlich hatte er nun nur noch einen halben Mantel; da wird er gescheit gefroren haben. Und letzten Endes wird er mit seinem halben Mantel nicht mehr viel Freude gehabt haben. Unterm Strich war er kaputt. Heldentat hin oder her. Die Aktion mit dem Bettler war für ihn ein schlechtes Geschäft.
Aber so ist es: Die gute Tat, die mir echt was kostet (an Geld oder auch an Zeit) – die macht man nicht alle Tage.
Aber heute merke ich wieder, wie der St. Martin als Vorbild mich anstuppst und fragt:
Hey, Martinsgans essen und Laternen anzünden kannst du – aber kriegst du das auch mit echten Teilen hin??? So, dass du auch selber spürst, das du jetzt weniger hast als vorher, aber dem Anderen wirklich geholfen ist?
Mal sehen – ob mir bei der Spendendose beim Martinsumzug ne passende Antwort einfällt….
Einen guten Martinstag wünsche ich Ihnen

Mittwoch: Vom Hoch- und Runterschauen

Guten Morgen,
was muss man eigentlich tun, damit Menschen zu einem aufschauen?
Mit besonderen Leistungen glänzen? Ein Vorbild sein, ehrlich, und aufrichtig?
Irgend sowas wirds wohl sein.
Leider erlebe ich auch  Anderes:
Dass Menschen erreichen wollen, dass man zu ihnen aufschaut – indem sie auf die Anderen herunterschauen.
Diese Logik ist einfach: Wo ich runterschaue, müssen die Anderen hochschauen – aber das funktioniert vielleicht im Kindergarten auf dem Klettergerüst – aber nicht im wirklichen Leben.
Wer versucht, seine Kollegen kleinzuhalten und immer wieder erklärt, dass sie im Vergleich zu einem selbst ganz schön mikrig sind, der wird alles möglich ernten … aber sicher keinen Respekt oder Bewunderung.
„Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun, das tut ihnen auch” hat Jesus gepredigt. Und damit hat er den Kern getroffen.
Schaue auf zu deinem Kollegen, und er wird auch dir gegenüber Respekt zeigen.
Investiere Vertrauen in jemanden, vom dem du willst, dass er dir vertraut.
Liebe denjenigen, von dem du liebgehabt werden willst.
Es ist kein Patentrezept, das immer klappt. Aber oft ist dieser alte Satz ein Schlüssel zu einem wirklich guten Miteinander:
„Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun, das tut ihnen auch”
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Donnerstag: Zugewachsen

Guten Morgen,
in der Nähe von Bad Windsheim habe ich die wohl überflüssigste Gartentüre Frankens entdeckt. Eigentlich eine ganz normale Türe in einem Gartenzaun, aber dort, wo hinter der Tür eigentlich ein Weg ins Grundstück hineinführen sollte, da war alles hoffnungslos zugewachsen.
Gestrüpp, kleine Bäume – diesen Weg muss seit Jahrzehnten keiner mehr benutzt haben. Wer da durch will, der hat bei diesem Dickicht ohne Motorsäge keine Chance.
So ist das mit den Wegen, die keiner mehr geht: Die wachsen zu … die werden vergessen … irgendwann kommt es soweit, dass man sich fragt, ob da überhaupt einmal was war.
Das passiert nicht nur mit den Wegen im Garten. Manchmal merke ich, dass bei Menschen der innere Weg zu Gott auch so zugewachsen ist. Die wissen zwar noch, dass sie früher schon mal in die Kirche gegangen sind, dass es da so alte Geschichten gab, dass sie als Kind gebetet haben und wie das war, auf so einen himmlischen Vater zu vertrauen.
Aber das ist ewig her – und seitdem war da nichts mehr. Aber jetzt, wo man das möglicherweise ganz gut für sein Leben brauchen könnte, steht man hilflos da, weil man keinen inneren Zugang mehr dazu hat. Das ist dann alles so fremd. Und man muss sich langsam Stück für Stück den inneren Weg zu Glauben und Gott zurückerobern.
Es ist mühsam, kostet Kraft und Überwindung – aber es geht.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Freitag: Mein Baum dein Baum

Guten Morgen,
momentan liegen wieder jede Menge Eichenblätter in unserem Garten. Und kaum dass wir sie zusammengerecht und weggebracht haben, liegen schon wieder welche da. Das nimmt kein Ende – dabei haben wir gar keine Eichenbäume im Garten. Die stehen 20 Meter entfernt beim Nachbarn.
Das sind nicht meine Bäume und auch nicht meine Blätter – aber ich habe die Arbeit damit. Darüber habe ich mich schon öfter geärgert.
Wenn ich es aber genau bedenke, ist das ganz schön kleinkariert vor mir.
Denn den Schatten, den die Bäume werfen kann ich manchmal ganz gut gebrauchen. Und ich beschwere mich ja auch nicht über den Sauerstoff, den die Blätter der Eichen produzieren. Den atme ich ja genauso. Und wenn ich mich nur über die Vögel freuen dürfte, die in unseren drei kleinen Obstbäumchen leben würden … kein einziger würde sein Lied vor meinem Fenster singen.
Gott sei Dank fragt unsere Schöpfung nicht nach
„mein Baum und dein Zaun – mein Mindestabstand – dein Komposthaufen.”
Diese Schöpfung ist viel umfassender, die denkt nicht in kleinlichen Parzellen, sondern hat das Ganze im Blick – und davon können wir Menschen manchmal etwas lernen.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Samstag: Ausatmen

Guten Morgen
letzte Woche habe ich im Gottesdienst ein Geräusch gehört, dass ist mir vorher noch nie aufgefallen. Gegen Ende des Gottesdienstes, alle sind gerade zum Gebet aufgestanden, höre ich, wie ganz viele Menschen gleichzeitig tief ausatmen.
Und ich habe mich in dem Moment selber dabei erwischt – ich habs genauso gemacht.
Aber warum?
Vielleicht ist das Ausatmen so etwas, wie das innerliches Leerwerden, so dass ich genug Platz in mir habe, für die Kraft die ich mir von Gott erhoffe.
Oder es ist der Moment, wo ich endlich mal so sein kann, wie ich bin. Ich muss mich nicht immer selber aufblasen, damit ich viel größer erscheine. Deshalb lasse ich die Luft aus mir heraus.
Mag sein, dass es einfach so ein Aus-Schnaufer der Entspannung ist. Weil eben so ein Gottesdienst ein besonderer Ort ist, an dem es geschehen kann, dass ganz viel von unserer alltäglichen Anspannung von uns abfällt.
Ich weiß auch nach langem Nachdenken nicht genau, was hinter diesem Geräusch steckt. Aber ich weiß dass es mir und offenbar auch den anderen in unserer Kirche richtig gut tut.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

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