Predigt: Die drei Entscheidungen der Apostel (Apostelgeschichte 6, 1-7) 14. September 2014 – Zur Einführung des neuen Vikars

Als grado4jhdes in der Urgemeinde Jerusalems einen Konflikt um die Versorgung der griechischstämmigen Witwen gab, haben die Apostel nicht nur eine pragmatische Lösung gefunden, sondern zugleich auch drei wichtige Entscheidungen für kirchliches Arbeiten getroffen.

 

Predigttext: Apg 6, 1-7
1 In diesen Tagen aber, als die Zahl der Jünger zunahm, erhob sich ein Murren unter den griechischen Juden in der Gemeinde gegen die hebräischen, weil ihre Witwen übersehen wurden bei der täglichen Versorgung.
2 Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen.
3 Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen zu diesem Dienst.
4 Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben.
5 Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Judengenossen aus Antiochia.
6 Diese Männer stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten die Hände auf sie.
7 Und das Wort Gottes breitete sich aus und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem.

Paulus nach dem Sonnenuntergang

Als Petrus am späten Abend in seinem Zimmerchen in Jerusalem sein Abendgebet beendet und die Öllampe ausgeblasen hatte, konnte er lange nicht einschlafen. Zu viele Gedanken schwirrten da noch in seinem Kopf herum, zu viele Gefühle brachten ihn durcheinander.
Das war wieder so ein Tag, den hätte es wirklich nicht gebraucht. Da machst du das, was dein Leben erfüllt: Menschen von Jesus Christus weitersagen, Gottesdienste feiern, Traurige aufrichten – und dann kommt dieser Mist: Der Nachbar von dem Haus in dem wir uns täglich versammeln, hat sich beschwert, dass wir die Lieder zu laut singen, außerdem sei nach dem letzten Gottesdienst eines seiner Hühner auf wundersame Weise verschwunden … da will er jetzt eine Entschädigung.
Kürzlich hat sich eine Christin beschwert, dass ich zu selten bei ihnen auf dem Markt im Westen Jerusalems einkaufe. Da soll ich mich bitte öfter sehen lassen, schließlich sind es die Gemeindeglieder aus dem Westen, die den größten Teil der Gaben für gemeinsame Abendmahl und das anschließende Essen hergeben.
Und ein alter Mann aus dem Osten, hat sich beklagt, dass er von den Aposteln oft nicht gegrüßt wird, und er vermutet, dass es daran liegt, dass er eben aus dem Armen Osten Jerusalems kommt.
Was ist da nur los? Stelle ich mich zu blöd an, oder spinnt diese Gemeinde? Manchmal gibts sogar unter uns Aposteln deshalb Streit.
Und jetzt auch noch das Theater mit den griechischen Witwen. Eigentlich sind sie ja getaufte Juden, wie wir alle. Sie haben eben die meiste Zeit im Ausland gelebt, sind später zusammen mit ihren Männern hierhergezogen. Jetzt, ohne ihre Männer sind sie oft mittellos, sprechen ein Hebräisch mit grauenvollem griechischem Akzent, und … ja wie soll ich sagen, sind schon eher so eine Gruppe am Rand. Wen wunderts dass sie da bei den Versorgung der Armen das Nachsehen haben. Naja, und jetzt regen sich die anderen griechisch sprechenden Gemeindeglieder auf, sprechen von Absicht und Ausgrenzung.
Mein Gott, wie soll das nur weitergehen? Wie soll ich das alles schaffen? Wenn wir da keine Lösung finden, fliegt uns vielleicht die ganze Gemeinschaft auseinander!

Die Grundentscheidung des Apostel

Liebe Gemeinde,
das ist sie, die Urgemeinde, die Gemeinschaft der ersten Christen, als noch alles gut und schön war. Gemeinschaft und Nächstenliebenliebe wurden gelebt – aber diese wenigen Zeilen aus der Apostelgeschichte zeigen: Es war doch nicht alles nur eitel Sonnenschein – Konflikte, enttäuschte Erwartungen der Gemeindeglieder und eine überforderte Gemeindeleitung gehört von Anfang an dazu!

Da tut es einem fast schon leid für Sie, lieber Jonas Moßdorf, dass zu Ihrem Einführungsgottesdienst als Vikar genau dieser Predigttext auf dem Plan steht. Das ist ja recht desillusionierend: Herzlich willkommen in der Firma, in der es schon seit 2000 Jahren nicht so richtig funktioniert!

Aber Moment: Der biblische Text, den Lukas uns in der Apostelgeschichte hinterlässt, deckt ja nicht nur auf, welche Probleme die Gemeinde (nicht nur damals) hatte, sondern er zeigt auch, welchen Weg die Jünger Jesu eingeschlagen haben. Eine Weichenstellung, die auch für uns heute von großer Bedeutung ist.

Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen. Darum, ihr lieben Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind, die wir bestellen wollen zu diesem Dienst. Und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Judengenossen aus Antiochia. Diese Männer stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten die Hände auf sie.
Die Jünger unter Leitung des Petrus treffen in dieser Situation mehrere Entscheidungen – und auf diese möchte ich heute mit Ihnen schauen:

Probleme in Angriff nehmen statt aussitzen

Erstens sagen sie: „Wir wollen das Problem nicht aussitzen, sondern wir wollen es in Angriff nehmen, weil uns die betroffenen Menschen wichtig sind.”
Natürlich wäre es für die zwölf Jünger auch eine Option gewesen, dieses Randgruppenproblem zu ignorieren: So viele griechische Witwen werden es schon nicht gewesen sein, außerdem kann man gerade bei einer so stark wachsenden Gemeinde nicht auf alle Rücksicht nehmen. Ein bisschen Verlust gibts immer. Lieber drauf schauen, dass die Zufriedenen gut betreut werden. Das wäre ja eine mögliche und quasi unternehmerisch sinnvolle Option gewesen: Nicht rentable Arbeitsbereiche wie die Betreuung der griechischen Witwen einfach abzustoßen.

Aber das haben die Jünger von ihrem Herrn Jesus anders vorgelebt bekommen. Er ist dem einzelnen nachgegangen, er hat den einen versteckten Zachäus im Baum über den hunderten Schaulustigen entdeckt, hat gespürt, wie die eine kranke Frau im Getümmel an seinem Gewand gezupft hat. Er hat es in Kauf genommen, beim Zöllner zu essen und die einflussreichen Pharisäer damit vor den Kopf zu stoßen.
Jesu Jünger – damals, wie heute – tun gut daran, an dieser Stelle von Jesus zu lernen. Es geht nicht darum, hocheffizient Gemeinde zu managen, Erfolge zu verbuchen, und dabei die zu vergessen, zu denen wir eigentlich gerufen sind. Der undankbare Job – das ist oft genau der, der für uns der richtige ist.

Gemeinde als Leib mit vielen Gliedern

Die zweite Entscheidung der Apostel: „Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen. Wir als Gemeindeleiter können nicht für alles Verantwortung tragen und alles schaffen. Wir brauchen Menschen die selbstständig Verantwortung für bestimmte Aufgaben unserer Gemeinde übernehmen.”
Wenn wir glauben, dass das Einbinden von Ehrenamtlichen in Gottesdienst, Konfi-Arbeit und vielen Bereichen etwas neumodisches wäre, merkt hier: Es gehörte schon immer dazu, die Aufgaben der christlichen Gemeinde auf viele verschiedene Schultern zu verteilen. Ein Leib, viele Glieder – so hat es Paulus später in ein Bild gefasst. Jeder hat Anteil an dieser Gemeinde, ist ein Körperteil und ein Organ. Wobei wir nicht allzu schematisch denken sollten. So ist das Verkündigen des Glaubens nicht allein den Gemeindeleitern vorbehalten. Eigentlich ist alles, was wir tun, Verkündigung. Wenn ich als Organist, Bläser oder Chor Gott lobe, wenn ich als christliche Erzieherin Werte und Hoffnung weitergebe. Auch eine hergerichtete Kirche mit schönen Blumen und gekehrtem Gehsteig drückt etwas aus – ist eine Botschaft!

Als erster der sieben Armenpfleger ist Stephanus genannt. Sein Name taucht wenige Zeilen später erneut auf. Weil er eben nicht nur die Witwen versorgt hat, sondern offen seinen Glauben bekannt hat – vielleicht sogar eindrücklicher als mancher der Apostel. Er hat Menschen damit beeindruckt, und sich damit den Zorn einflussreicher Menschen auf sich gezogen. So wurde er der erste christliche Märtyrer. Er war es, der gesteinigt wurde. Nicht einer der zwölf Jünger war es, sondern der Armenpfleger Stephanus, der mit seinem Tod für die Wahrheit des Glaubens eingestanden ist.
Alle sind wichtig! Und es ist gut, wenn wir viele sind, die gemeinsam die Aufgaben unserer Kirche wahrnehmen.

Du machst es nicht allein!

Zuletzt, liebe Gemeinde, die dritte Entscheidung.
Diese Männer stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten die Hände auf sie.
Wer eine Aufgabe übernimmt, der übernimmt einen Dienst, der mehr ist, als einfach eine Hilfeleistung, sondern er hat Anteil an dem großen Auftrag der Gemeinde Jesu Christi – darum wird auch für denjenigen gebetet und ihm werden zum Segen die Hände aufgelegt.
Dieses Handeln signalisiert, die Bedeutung des Dienstes. Eben auch eines Dienstes, der gar nicht nach „Pfarrer” aussieht. Ebenso segnen wir unsere Kirchenvorsteher am Beginn ihrer Amtszeit. Und nicht ohne Grund gibt es Gemeinden, die bewusst die neuen Mitarbeiterinnen des kirchlichen Kindergartens segnen.

So eine Segenshandlung ist zugleich auch der Moment, an dem spürbar wird: Wir kommen mit leeren Händen. Unser Talent, all unsere Begabungen werden für unsere Aufgaben nicht ausreichen, wenn wir nicht Gottes Segen, Gottes Kraft in uns spüren.

Lieber Jonas Moßdorf,
darum feiern wir als Kirche die Einführung eines Vikars mit einem ausführlichen Segensteil. Wir wissen: Ohne Gottes Hilfe können wir nichts tun, aber mit ihm kann Großes wachsen.

Wir beauftragen Sie zum Dienst in dieser Gemeinde, aber auch zur Arbeit an sich selbst. Denn der Schritt vom sehr versierten und examinierten Theologen hin zum Pfarrer einer Kirchengemeinde ist doch ein beachtlich sehr großer. Da ist es durchaus sinnvoll zweieinhalb Jahre dafür zu veranschlagen.

Für Ihr Wirken in dieser Gemeinde und ihr eigenes Lernen und Entwickeln wollen wir heute beten und ihnen Gottes Segen zusprechen – so wie damals die Jünger in Jerusalem.

Amen

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Ein Kommentar

  1. Das Datum des eingefügten Text ist in Berücksichtigung des greg, Kalender ein Sachverhalt. Für den Begriff „Wort“ gibt es keine eindeutige Definition. Urwort weiß keiner.
    Zu unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Deutungen kann man keine Meinung haben.
    Kulttext ist formalrechtlich nichtiger Text, kein Urtext, keine Urkunde, keine einheitliche Kanonisierung, Übersetzung. Es sind anonyme Autoren, (Ghostwriter, Pseudographen) UrhG § 66, die keine Geschehenszeugen waren. Es bleiben die Urheber und konform Herausgeber (§ 10 UrhG) wie jeweilig im liturgischem, parteilichem Glaubensbuch im Einband angeben.

    Deutung von Gerüchten, sind keine empirische Untersuchung mit Ziel Hypothese.
    Die Verfassung kennt keine  übernatürliche parteiliche Person -Gott  BGB unterscheidet  zwischen  Personen (§§ 1 ff.), Sachen und Tiere (§§ 90 ff.) sowie Rechtsgeschäfte (§§ 104 ff.) im näheren wird zwischen natürlichen Personen (Menschen, §§ 1 – 12) und juristischen Personen (§§ 21 – 89) unterschieden. Personenstandsgesetz (PStG)  http://bitly.com/10l90SN 
    Wo kein Rechtimhaber (fiktive Person Gott) mit Urkundenperönlichkeit, Meldeanschrift, objektivem Wissen, genetische, biometrische Kennzeichen) ist, kann keine empirische Wahrheit oder die gesetzliche Tatsachenvermutung (Höchstwahrscheinlichkeit) des § 484 BGB (§ 292 ZPO) nachweislich sein. In Schlussfolgerung gibt es keine bevollmächtige einer Person Gott. Mit „Gott mehr gehorschen“ ist Justiz nicht zu beeindrucken. Mit sachgerechente Argumenten kommt man weiter.

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