Predigt zur Jahreslosung 2002: Ja, Gott ist meine Rettung (Jesaja 12,2) 20. Januar 2002

Liebe Gemeinde,

heute möchte ich mit Ihnen zusammen die Jahreslosung betrachten.
Bei dem Propheten Jesaja steht sie im 12. Kapitel, Vers 2.
Ja, Gott ist meine Rettung, ihm will ich vertrauen und niemals verzagen.

Angenehm und fromm klingt sie in meinen Ohren. Und seit langem ist es eine Jahreslosung, die einem so richtig persönlich entgegen kommt, weil sie nämlich ein „Ich“ hat. Es ist eben keine allgemeine Aussage, wie „in Christus liegen verborgenen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“. In diesem Jahr hat die Jahreslosung ein „ich“.
Und darin besteht auch ein bisschen die Herausforderung dieser Losung. Denn sie ist ja eine „Ich-Aussage“. Und vielleicht kann die nicht jeder und jede unterschreiben. Es tut niemandem weh, wenn man sagt, das in Christus Weisheit ist. Aber traut sich auch jeder zu sagen: „Gott ist meine Rettung, ihm will ich vertrauen und niemals verzagen“??

Vielleicht bekommt mancher da Bedenken und fragt sich:
~ Ich kann doch nicht behaupten, dass ich niemals verzagen würde.
~ Oder jemand anderes rundzelt die Stirn und sagt: Da steht „Gott ist meine Rettung“ – soll das eine Garantie sein, dass man immer gerettet wird? Bei so vielen Unglücken um mich herum bekomme ich das nicht in meinem Kopf zusammen.

Der Losungstext bei Jesaja

Bei solchen Schwierigkeiten kann es uns weiterhelfen, wenn wir einmal nachsehen, wo denn die Losung in der Bibel steht, was denn eigentlich los ist in diesen Kapiteln bei Jesaja.
Da finden wir nämlich den Propheten, wie er dem Volk in Israel großes Unheil ankündigt. Weil nämlich das Volk und sein König nicht auf Gott vertraut, sondern lieber Bündnisse mit halbseidenen Nachbarvölkern eingeht, werden bald die Feinde Israel besiegen. Die militärische Niederlage und die Zerstörung weiter Teile des Landes prophezeit Jesaja. Die Katastrophe als Konsequenz des eigenen Starrsinns und Ungehorsams.

Aber Jesaja sagt nicht nur das Unglück voraus, sondern er spricht auch davon, dass eine neue Zeit kommen wird, in der das Volk wieder auf die Beine kommt, seine Hauptstadt Jerusalem wieder aufbauen wird. Und dann (!) wird Israel seinen Gott loben und sagen: „Ja, Gott ist meine Rettung, ihm will ich vertrauen und niemals verzagen“.
Das bedeutet: dieser Satz ist einer, der aus einer Erfahrung von Zerstörung und Rettung herkommt. Aus einer Erfahrung, dass Gott auch in der Katastrophe sein Volk nicht alleine lässt, sondern ihm nahe bleibt und es wieder zurecht bringt.

Damit hat sich eine der Anfragen von vorhin schon erledigt: Unsere Jahreslosung verspricht einem nicht das Blaue vom Himmel herunter. Sondern sie kennt die Erfahrung der Niederlage, das Gefühl am Boden zerstört zu sein, die bohrende Frage ob Gott einen verlassen hat. Diese Losung ist so zusagen die Bilanz der bedrückenden und dann auch wieder positiven Erfahrungen:
„Wir waren auf dem falschen Weg und sind ins Unglück gerannt. Gott hat es zwar zugelassen, aber er hat uns auch wieder auf den rechten Weg zurückgebracht. Deshalb können wir sagen, dass Gott unsere Rettung ist und wir weiter auf ihn vertrauen wollen“.

Die tragenden Begriffe

Liebe Gemeinde, Ich möchte einen kurzen Blick auf die beiden Hälften unserer Jahreslosung werfen. Dabei gibt es aber ein kleines Problem, das vielleicht schon die unter ihnen hatten, die diesen Vers in ihrer Bibel gesucht haben. Denn die Jahreslosung, wie ich sie ihnen vorgelesen habe stammt aus der katholischen Einheitsübersetzung. In der Lutherbibel heißt es nämlich anders: „Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht“. Das ist für einen Prediger ziemlich ärgerlich, wenn kein einziger der drei wichtigsten Begriffe übereinstimmt. Aber es gibt Schlimmeres, denn wenn sich zwei Übersetzungen so wenig einig sind, muss man als Pfarrer halt mal wieder probieren, ob man mit dem hebräisch des Propheten Jesaja zurechtkommt.

Zunächst also “ Ja, Gott ist meine Rettung“. Das Wort, das Jesaja da verwendet, finden wir in der Bibel auch dort, wo jemand im Krieg Unterstützung bekommt und gerettet wird. Aber dann finden wir noch viele andere Stellen im Alten Testament, wo dieses Wort mehr bedeutet als nur militärische Hilfe: Nämlich die Hilfe Gottes, die dem Menschen in seiner Not widerfährt, so dass sein Leben wieder in Ordnung kommt, heil wird. Gott will also, dass unser Leben geheilt, heil, wird. Gerettet aus dem, was uns kaputt macht.
Das Wort, das Jesaja da in den Mund nimmt, dürfte Ihnen irgendwie bekannt sein: Rettung = „Jeschua“. – Diesen Begriff für Gottes Rettung für uns Menschen gibt es auch als Name: „Jeschua“ – so haben Maria und Joseph das Kind in der Krippe genannt.

Beim nächsten Begriff möchte ich Ihnen kein hebräisch mehr zumuten, aber dafür bitte ich Sie, im Gedanken mit mir in ein Flugzeug zu steigen. Eigentlich macht mir ja fliegen nichts aus, aber dennoch habe ich irgendwie ein komisches Gefühl, wenn ich aus dem Fenster sehe und die Tragflächen anschaue. Bei Turbulenzen schwingen die ja ganz enorm auf und ab. Und dann denke ich mir: dein Leben hängt daran, dass diese Metalldinger nicht abbrechen. Ich selber kann da nichts machen; ob die halten liegt nicht in meiner Hand. Und da kann ich mich am Vordersitz noch so festklammern – die Entscheidung, ob wir oben bleiben oder abstürzen liegt außerhalb der Kabine.

Das, was ich in so einer Situation bräuchte, dass ist der zweite Begriff in unserer Jahreslosung: „ich bin sicher und fürchte mich nicht“ – so übersetzt es Martin Luther. Und wenn wir bei diesem Bild vom Flugzeug bleiben, dann drückt die offizielle Jahreslosung das Gleiche aus:“ihm will ich vertrauen und niemals verzagen“.
Bei Gott darf ich mich trauen, ins Flugzeug des Glaubens einzusteigen. Ich weiß zwar dann immer noch, dass nicht ich mein Leben in der Hand habe, aber ich weiß, dass derjenige es in der Hand hat, der es gut mit mir meint, der mein Heil will. Auch wenn man mit ihm gelegentlich mitten durch ein Gewitter fliegt.

Die Losung als Überschrift fürs kommende Jahr

So eine Jahreslosung ist dazu gedacht, dass sie uns das ganze Jahr über begleitet. Immer wieder wird sie Ihnen und mir begegnen. In ganz verschiedenen Situationen.
Manchmal vielleicht als Bestätigung für den Weg, auf dem sie gerade gehen. Und es kann auch passieren, dass es eine Situation im kommenden Jahr gibt, wo die Losung nicht mehr zu stimmen scheint – weil gerade nichts von Rettung zu sehen ist.

Ich möchte Ihnen einen kleinen Ratschlag mitgeben. Denken Sie bei diesem Losungsvers auch immer mit daran, dass Jesaja ihn einst einem Volk gesagt hat, dass so manches tiefe Tal durchschritten hat.

Wenn sie sich also auf einem guten Weg wähnen, und glauben, dass alles ganz wunderbar läuft, dann soll dieser Losungssatz gerne Ihr guter Freund sein. Aber bitte vergessen Sie nicht: in den Tagen, als Jesaja in diesen Satz sagte hat er sein Volk davor gewarnt, Gott zu vergessen und sich damit selbst in den Abgrund zu stürzen.

Wenn in diesem Jahr die Losung ihnen in einem Moment begegnet, wo es dunkel um sie ist und nichts von Gottes Hilfe zu sehen ist. Dann soll sie ihnen aber auch Mut machen. Denn dieser Satz ist auch das Zeugnis eines Volkes, das aus tiefster Depression wieder auf die Beine kam. Nicht von heute auf morgen, aber doch entgegen allen Erwartungen.
Und das Lob, dass Israel dann angestimmt hat, hören wir auch noch heute: „Ja, Gott ist meine Rettung, ihm will ich vertrauen und niemals verzagen.“
Amen

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