Predigt zum Apostolischen Glaubensbekenntnis, 1. Februar 2004

Liebe Gemeinde,

Haben sie etwas vermisst? Zum Beispiel unser Glaubensbekenntnis, das wir normalerweise kurz vor der Predigt gemeinsam sprechen?
Manchmal vergessen Pfarrer so etwas ja.
Nein, wir haben es nicht vergessen, sondern nur aufgehoben, für später. In dieser Predigt soll es heute nämlich um genau dieses Glaubensbekenntnis gehen.

Mit unserem Apostolischen Glaubensbekenntnis halten wir in unseren Gottesdiensten einen uralten Text lebendig. Auch wenn er deren Name an die Apostel erinnert: Verfasst hat ihn wahrscheinlich keiner der 12 Apostel. Genaugenommen wissen wir überhaupt nicht, wer ihn geschrieben hat. Kirchengeschichtler da haben lange geforscht und sind der Überzeugung, dass dieses Bekenntnis schon über 1700 Jahre alt ist. Immer wieder taucht es in alten Texten auf, immer wieder leicht verändert, bis es schließlich vor über 1400 Jahren in Rom sprachlich in der Form festgelegt wurde, wie wir das Bekenntnis heute kennen.

Zumindest auf Latein! Die Deutsche Übersetzung blieb über die Jahrhunderte nicht unverändert. Wo Martin Luther noch übersetzte dass wir an die „Auferstehung des Fleisches“ glauben, sprechen wir heute von der „Auferstehung der Toten“. Denn die evangelische und die katholische Kirche haben 1971 darauf geeinigt, den deutschen Text in einer einer Revision dem aktuellen Sprachgebrauch anzupassen.
Zumindest bis auf eine Kleinigkeit: Wo man in der katholischen Kirche ohne Probleme davon spricht, dass man an die „eine heilige katholische Kirche“ glaubt, da haben wir Evangelischen uns doch für die etwas lockerere Übersetzung mit der „heiligen christlichen Kirche“ entschieden.

Wir merken: das mit dem Glaubensbekenntnis ist da nicht so ganz einfach. Noch dazu, wenn wir feststellen, dass unsere Mitchristen in Osteuropa unser Bekenntnis fast nicht kennen: Sie haben nämlich ein anderes! Sogar eines, von dem sie genau wissen, woher es kommt, und wer verfasst hat: Das so genannte „Nicaenische Glaubensbekenntnis“ haben im Jahr 381 mehrere hundert Bischöfe gemeinsam intensiv beraten und als gemeinsame Kurzformulierung ihres Glaubens beschlossen.
Wenn Sie also einmal in ihrem Urlaub nach Griechenland fahren und dort eine Kirche besuchen, dann tun sie gut daran ihr bayerisches evangelisches Gesangbuch mitzunehmen. Denn dort ist unter der Nummer 904 genau dieses Bekenntnis abgedruckt, dann können Sie das problemlos mitsprechen … halt auf deutsch statt griechisch.

Ja, es ist nicht so ganz einfach, mit unserem Glaubensbekenntnis.
Gestern war Konfirmandentag. Von morgens bis zum Nachmittag haben wir uns mit dem Glaubensbekenntnis beschäftigt.
Nicht mit seiner komplizierten Geschichte. Denn schon allein der Inhalt ist ja kompliziert genug. Ich vermute, Sie als Erwachsener haben sich damals genau so schwer getan, wie die Konfirmanden heute. Unser Glaubensbekenntnis ist kein Comicheft, das man im schnellen Drüberlesen in Nullkommanix kapiert hat.

Eigentlich sind es ja nur drei Sätze. Aber die haben es in sich.  Sie sind vollgestopft von ganz schwierigen Begriffen und schwer verständlichen Aussagen. Schließlich haben Jahrzehnte lang große Geister daran gefeilt.

Nicht umsonst hat sich Martin Luther damals daran gemacht, diese Artikel auszulegen. Diese Auslegung haben viele von uns dann auch auswendig gelernt. Ob jeder von uns damals das alles kapiert hat? Der große Theologe Martin Luther hat halt damals auch mächtig viel da hinein gepackt. – Eigentlich bräuchten wir eine Auslegung der Auslegung.

Auslegen – das ist die große Herausforderung bei unserem Glaubensbekenntnis … überhaupt bei unserem Glauben.
Unser Glaube muss ausgelegt werden, er muß übersetzt werden in die Sprache, die wir verstehen können, in unsere heute verständlichen Worte und Bilder.

Das haben unsere Konfirmanden gestern versucht: Das Bekenntnis zu übersetzen. Sie haben von mir den Auftrag bekommen, unser Glaubensbekenntnis neu zu formulieren. So, dass es auch ein 7-jähriges Kind verstehen kann.
Glauben Sie ja nicht, dass es einfach ist! Sie können es daheim ja selbst eimal probieren. Und Sie werden merken, wie schwierig es ist, die wuchtigen Begriffe unseres Bekenntnisses in die Sprache des Alltags… in die Sprache unseres Lebens zu übersetzen.

Wir möchten Ihnen einige von diesen Übersetzungen vorstellen. Sie sind weder sprachlich ausgefeilt, noch auf grammatikalische Richtigkeit geprüft. Aber sie geben ein Spiegelbild unseres Glaubens ab

### Bekenntnis der Konfirmanden ###

Bekenntnis für ein 6-jähriges Kind
Gott ist unser Vater,
der Alleskönner.
Er hat die Erde erschaffen und den Himmel.
Ich glaube an Jesus Christus;
der Heilige Geist hat ihn eingeladen,
seine Mutter ist Maria.
Ein böser Mann namens Pilatus hat ihn geärgert und er hat ihn umgebracht.
Er war so heilig, dass er dadurch nicht tot war.
jetzt sitzt er neben Gott an der rechten Seite,
weil Gott der alleskönner ist.
Er bestimmt, wer stirbt oder lebt.

Unsere Konfirmanden sind nicht die ersten auch nicht die einzigen, die unser Glaubensbekenntnis einmal neu formuliert haben. Das Lied, das wir eben gesungen haben, ist der auch der Versuch des Bekenntnis neue Worte zu fassen.

Warum ersetzen wir das alte Stück einfach mit einem neuen? Das wäre doch ganz schön! Das würde unserer Kirche doch gleich einen neuen modernen, modischen Anstrich geben.

Das wird hoffentlich nicht passieren – weil es eben nur ein neuer Anstrich wäre. Und der würde vermutlich viel schneller altmodisch werden, als dieses uralte bewährte Bekenntnis. Sie merken es bei ihren Tapeten daheim: je moderner das Design, umso schneller ist es wieder aus der Mode, umso schneller merkt man, dass es von gestern oder von vorgestern ist.

Wie werden wohl beim alten bekannten Apostolischen Glaubensbekenntnis bleiben können.
Auch wenn es uns mit seiner Sprache und seinem Inhalt immer wieder vor Herausforderungen stellt. Oft genug höre ich die Klage, dass man die Jungfrauengeburt doch eigentlich streichen könnte, und das mit dem Schöpfer des Himmels und der Erde bringt spätestens mit dem Erdkundeunterricht manchen ins Schleudern.

Ganz provozierend möchte ich behaupten: Sie müssen ja nicht an das Bekenntnis glauben.
Das Bekenntnis ist nämlich nicht anderes als der Ausdruck des christlichen Glaubens. Seine ganz knappe Kurzfassung. Als die Bekenntnisse entstanden, nannte man sie „Symbol des Glaubens“. Sie symbolisieren den Glauben, sie fassen ihn zusammen. Aber sie sind nicht der Inhalt des Glaubens.
Über Jahrhunderte hinweg hatten viele Christen ihr „Privatbekenntnis“. In ihnen haben Sie persönlich zusammengefasst, wie sie ihren Glauben an Gott, Jesus Christus, an den Heiligen Geist verstehen.
Die einen hatten die Jungfrauengeburt dabei erwähnt, andere nicht. Genauso war es mit den Zeilen vom Heiligen Geist und der Kirche.
Ein Bekenntnis ist eben ein kurzes Inhaltsverzeichnis, aber noch lange nicht das ganze Buch.

Wenn wir uns Christen nennen, dann kreist unser Leben um mehr als nur diese wenigen Zeilen des Bekenntnisses.
Ein Symbol verweist auf Größeres. Auf das weite Feld unseres Glaubens, unsere Hoffnungen und unsere Erfahrungen mit Gott. Wir können unseren Glauben, unsere Beziehung zu Gott und Jesus Christus immer nur schwer in Worte fassen. Weil es etwas sehr persönliches und oft kaum beschreibbares ist.
Als Mensch habe ich meine ganz unverwechselbare Lebensgeschichte und auch Glaubensgeschichte. Und aus meinen Erfahrungen mit Gott und aus dem, was mir aus der Bibel an Erfahrungen entgegenkommt nährt sich mein Glaube.
Darum müsste man eigentlich sagen: Ich glaube an den Gott, wie die Bibel ihn mir beschreibt, und wie ich ihn persönlich erfahren habe.

Das Apostolische Glaubensbekenntnis kann dann ein Text sein, mit dem ich diesen Glauben ausdrücken kann und mit dem ich zugleich auch den Schulterschluss mit den anderen Christen übe. Trotz manchmal unterschiedlicher Erfahrungen, vertrauen wir auf den gleichen Gott.

Das empfinde ich gerade heute enorm wichtig: so ein Bekenntnis ist auch Ausdruck eines gemeinsamen Glaubens.
Nicht umsonst sah man damals das Bekenntnis als „Richtschnur“ des Glaubens. Als Maßband, mit dessen Hilfe man vermeiden wollte, dass jede beliebige abwegige Spinnerei plötzlich als Glaubensinhalt verkauft wird.
Das können wir heute immer noch brauchen: Ein Bekenntnis als Navigationssystem in einer immer undurchschaubaren Welt der Religionen und Weltanschauungen.

Vor den nächsten Liedversen höheren wir noch eine/einige Bekenntnis-Übersetzungen unserer Konfirmanden.

### Bekenntnis der Konfirmanden ###

Bekenntnis für ein 6-jähriges Kind
Ich glaube an Gott,
den Vater und Alleskönner,
den Macher der Erde und des Himmels.
Und an seinen Sohn Jesus Christus, unseren Herrn.
Der Heilige Geist hat ihn gebracht,
seine Mutter ist die Jungfrau Maria,
ein böser Mann hat ihm weg getan,
und dann hat der böse Mann ihn gekreuzigt.
Und dann ist er gestorben und begraben worden,
dann ist er zu den Toten gekommen und nach drei Tagen wieder aufgestanden.
Er sitzt neben Gott, dem Alleskönner.
Er wird kommen um die Lebenden zu richten.

Liebe Gemeinde,

unsere Konfirmanden haben mich mit ihren Übersetzungen wirklich überrascht.
Manches es klang witzig.
Über einiges musste der Theologe in mir großzügig hinwegsehen.
Manche es erschien mir in der Formulierungen ein bisschen anstößig, weil es so noch nie gesagt worden ist.
Und dann einigen Stellen bin ich stutzig geworden, weil mir die Übersetzung unserer Konfirmanden eine neue Sichtweise oft altbekannte Formulierungen eröffnet hat.
Zwei von ihnen möchte ich mit ihnen teilen:

Bei einem Konfirmanden wurde der allmächtige Gott zum „Alles-Macher“.
Dabei ist mir eingefallen, wie im Mittelalter die Gelehrten darüber gestritten hatten, was denn Gottes Allmacht bedeutet. Zum Beispiel überlegten sie, ob Gott einen Stein erschaffen könnte, der so groß ist, dass er selber nicht heben kann. Zu solchen unsinnigen Fragestellungen kommt man, wenn man sich mit so abstrakten Begriffen wie „Allmacht“ beschäftigt.
Viel einfacher klingt es, wenn Gott als „Alles-Macher“ derjenige, der alles geschaffen hat. Der alles machen kann, worum ich ihn bitte. Der alles macht, und niemals sagt: für dich bin ich nicht zuständig.

„Jesus Christus, der eingeborene Sohn, unser Herr“ wurde zum Boss.
Klar, das klingt ein bisschen flapsig. Ich spüre aber auch, dass mir der Boss viel näher liegt als ein weit weg schwebender „Herr“.
Und ich entdecke darinnen einen neuen Ausdruck von Nähe und zugleich Herrschaft.
Gestern Nachmittag habe ich das in einem Gespräch gleich zu spüren bekommen: ich habe jemandem gesagt: da muss sich erst noch Rücksprache mit meinem Chef halten – gemeint habe ich meinen Dekan in Uffenheim. Und habe ich dann auch sofort korrigiert: ich werde Rücksprache mit meinem Dienstvorgesetzten halten.
Schließlich habe ich gestern Vormittag gelernt: Mein eigentlicher Chef sitzt nicht in Uffenheim, sondern an der rechten Seite Gottes.

Wir sehen: In unserem Bekenntnis steckt mehr als nur alte Formeln, es hat das Potential, mich auch heute an wichtige Punkte meines Glaubens hinzuweisen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist das alle Gewalt, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

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