Radioandachten auf Charivari 98,5 im März 2016 (Karwoche)

Montag: Auftanken

Guten Morgen,
gestern haben wir in unserer Kirchengemeinde Konfirmation gefeiert. Was bin ich froh, dass zum Fest alle halbwegs gesund waren. Denn in der Woche vorher kamen aus allen Ecken die Krankmeldungen: In der einen Familie liegt die Konfirmandin flach, woanders hat die Mama die Grippe gekriegt, und dort hat der Papa Fieber.
Ja, die Planung für so ein Fest, und auch die stressige Zeit in der Schule, wo noch jeder Lehrer schnell eine Note machen will. Dazu das graue und kalte Wetter der letzten Wochen…. Das alles geht an die Substanz.
Ursprünglich waren die 7 Wochen Fastenzeit, die jetzt zu Ende gehen, ganz anders gedacht: Nämlich als besinnliche Zeit, in der man zur Ruhe kommen und seine inneren Akkus aufladen kann. Nur verpassen wir regelmäßig diese Gelegenheit.
Aber es ist noch nicht zu spät. Vor uns liegt die Karwoche: Gründonnerstag, Karfreitag, die Ostertage; noch dazu sind jetzt Schulferien.
Die Gelegenheit ist günstig – einen Gang runterschalten, nicht alles noch schnell vor Ostern durchpeitschen wollen. Sich selbst, seinem Körper und seiner Seele Ruhe zum Auftanken gönnen – dafür ist diese Woche perfekt geeignet.
Machen Sie was draus! Ihr Alexander Seidel

Dienstag: Escape-Room

Guten Morgen,
es war ihnen schon ein bisschen unheimlich, als der Mann die Zimmertür vor ihrer Nase zuzog, von außen versperrte und sagte: Ihr habt 60 Minuten Zeit, um den Raum zu verlassen. Lisa und ihre zwei Freudinnen fingen in dem unbekannten Raum an zu suchen … wo ist der befreiende Schlüssel. Unter einem Blumentopf fand Caro dann tatsächlich einen Schlüssel, nur passte der nicht zur Türe. Aber man konnte damit eine Schublade des Küchenschranks aufsperren … und darin lag ein ein Code für ein Zahlenschloss … nur wo führt das hin? Und was bedeuten die grünen Buchstaben an der Zimmerdecke?
Was wie ein Horrorfilm klingt, ist ein Spiel, das man inzwischen auch in Nürnberg und Fürth buchen und spielen kann. Escape-Room nennt man das.
Ein nervenausfreibendes Abenteuer, mit immer neuem Suchen und Rästeln, und der Hoffnung irgendwann den passenden Schlüssel, den Weg in die Freiheit zu entdecken.
Irgendwie ist es doch nicht anders als im echten Leben:
Der Weg zum Ziel, führt oft seltsame Umwege. So machnes, was ich erst mal nicht verstanden habe, entpuppt sich später als wichtiger Baustein im Puzzle meines Lebens. Und das Schönste im Spiel, wie im Leben ist es, wenn man irgendwann darauf zurückschauen kann, und entdeckt: So, wie es war, war es trotz aller Irrungen und Wirrungen genau richtig.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen

Mittwoch: Das Elektroküken

Guten Morgen,
zu unserer Osterdekoration daheim gehört ein etwas außergewöhnliches Spielzeug: Ein kleines, gelbes flauschiges Küken. Wenn man sich das auf die Hand setzt, fängt es herzzerreißend an zu piepsen: piep piep piep piep.
Das rührt einen richtig an – ich schalte im Kopf sofort in so einen “Bemutterungsmodus” und will es streichleln und betüteln. Eigentlich ärgert es mich total, dass ich auf dieses erlektronische Piepesen so anspringe und sofort fürsorgliche Gefühle für ein elektronisches Spielzeug entwickle. Fast schon peinlich …
Auf der anderen Seite denke ich: Lieber so als andersrum.
Wie schlimm wäre es, wenn ich nicht mehr fähig wäre, menschliche Regungen wie Fürsorge, Mitgefühl und Zärtlichkeit zu verspüren? Wenn mich ein winselnder Hund, weinende Kinder und leidende Menschen kalt lassen würden?
Nein das wäre nicht mein Leben – da nehme ich lieber in Kauf, dass ich bei so einem kitschigen Spielzeugküken meine Behüterinstikte etwas kontrollieren muss.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Donnerstag: Dönerstag

Guten Morgen,
wir haben heute Dönerstag! Kein Witz – seit neun Jahren gibts Leute, die treffen sich am bewusst am Gründonnerstag zum “Dönerstag” um einen Döner zu essen. Auch in Gostenhof und Schniegling ist das heute Abend so.
Zuerst fand ich das schon komisch: Schließlich erinnert der Gründonnerstag an das letzte Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat. Passt da Döner, Fladenbrot und Orientalische Musik dazu?
Naja … Jesus lebte im Orient, war Jude, und das Brot mit dem er satt wurde, war wohl eher ein nahöstliches Fladenbrot, als ein fränkischer Dreipfünder.
Darum feiern wir heute Abend in unserer Kirche das Abendmahl mit orientalischenm Fladenbrot und mit fränkischem Wein. Als mit etwas ganz fernem und etwas sehr nahem.
Das passt … denn Jesus, der mit seinen Jüngern damals zusammensaß, der ist eigentlich weit: Israel vor 2000 Jahren.
Aber er ist auch ganz nah: Denn er hat gesagt: Wenn ihr zum Abendmahl zusammenkommt, und an diesem besonderen Abend denkt – dann bin ich mitten unter euch!
Einen guten Gründön ….nein … Gründonnerstag wünsche ich Ihnen

Freitag: Still

Guten Morgen,
der heutige Karfreitag ist ein stiller Tag.
Keine öffentlichen Partys, die Läden haben zu.
Auch manche Leute sind heute stiller als sonst, denken an den Tod Jesu am Kreuz.
Und da setzt sich die Stille fort. Jesus wurde verurteilt und hingerichtet, weil er im entscheidenden Moment seiner Gerichtsverhandlung nichts gesagt hat. Kein Wort des Verteidigung, kein verbaler Gegenangriff gegen die Menschen, die ihn unter falschen Vorwürfen vor seine Richter gezerrt hatten.
Stille. Und mit diesem Schweigen und dem, was folgte hat er unsere Welt verändert.
Ich bin eigentlich kein Fan von Stille. Wirklich nicht! Aber dieser Karfreitag erinnert mich daran, dass es Momente gibt, in denen es besser ist, nichts zu sagen. – Und darauf zu bauen, dass Stille mehr bewirken kann, als der Wortschwall, mit dem wir allzuoft vergeblich versuchen etwas zu ändern.
Einen besonnenen, einen stillen Tag wünsche ich Ihnen

Samstag: Osternacht

Guten Morgen
Der heutige Karsamstag ist ein komischer Tag. So eingeklemmt zwischen dem traurigen Karfreitag und der fröhlichen Ostersonntag.
Man scharrt innerlich schon mit den Hufen, Ostern naht, man ist schon auf dem Sprung, aber es ist halt erst morgen soweit.
Manche Osternachtsgottesdienste lassen einen das unheimlich beeindruckend nacherleben. Da geht man morgen um 5 Uhr in eine stockdunkle Kirche, sucht sich tastend einen Platz und wartet in der Finsternis.
Bis sie dann hereingetragen wird: Die Osterkerze, als schwacher Schein, im Kirchenraum. Dazu die Botschaft “Christus ist auferstanden”.
Jeder zündet sich eine eigene Kerze an, die ganze Kirche wird vom warmen flackernden Schein dieser Kerzen erhellt. Und auch draußen geht langsam die Sonne auf, der Schatten des finseren Karfreitags verfliegt.
Wenn Sie das mal erleben wollen: Schaun, Sie nach, wo morgen früh eine Osternacht gefeiert wird. Und seien Sie dabei, wenn es mit dem Sonnenaufgang Ostern wird.

Ihr Alexander Seidel

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