Predigt: Wer ist der Größte (Matthäus 18, 4 f) 2. Mai 2004, Taufe von Bastian

Liebe Familie N.N., Liebe Paten, liebe Gemeinde

Wer sich so klein machen kann, wie dieses Kind, der wird im Himmelreich der Größte sein. Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.
(Mt 18, 4+5)

Think BIG!

Wer ist der Größte?
Diese Frage hat damals die Jünger bewegt, und uns ist sie auch nicht unbekannt.
Wer ist der Größte?
Wer ist am bekanntesten, wer hat das schönste Haus, das größte Auto, wer hat am meisten Einfluss?

Im Evangelium, das wir vorhin gehört haben, haben die Jünger letztlich die gleichen Fragen gestellt: Wer von uns wird der Größte im Himmelreich sein?

Heute rümpfen wir die Nase über solche Fragen der Jünger: „Das gehört sich doch nicht!“
Aber ist das nicht ganz natürlich? Überall finde ich doch diese Tendenz:
Die Großen haben die großen Chancen. Als kleines Licht kommst du nicht weit.
Schon im Kindergarten oder der Schule lernen wir: Du musst dich durchsetzen, dich behaupten.
Finde heraus, wo deine Stärken sind, baue sie aus und nutze sie.

Das Streben zum „Großen“ scheint tief in uns verankert zu sein. Und wahrscheinlich ist es auch gar nicht so schlecht. Vieles würden wir Menschen nicht erreichen, wenn wir nicht dieses Streben nach dem Großen hätten.

~ Viele Bauernhöfe wären eingegangen, wenn die Landwirte nicht erweitert, ihre Betriebe vergrößert hätten.
~ Viele technische Entwicklungen, von lebensrettenden Medikamenten bis zu hilfreichen Dingen wie dem Computer wären wohl nie entwickelt worden, wenn nicht Einige das Bestreben gehabt hätten, etwas Großes zu schaffen

Es ist ja auch ein gutes Gefühl, wenn man etwas erreicht hat, wenn man auf seine Erfolge sehen kann. Wenn man dastehen kann und sagen “ schön dass ich das geschafft habe … „.

Zurück zu unserm Bibeltext:
Wir haben es also da mit ein paar Jüngern zu tun, die eigentlich ganz normal sind. Und darum fragen sie ganz unbedarft: Wer wird der Größte sein?
Und da kommt die Überraschung! Jesus sagt: „Leute, bei Gott sind die Verhältnisse umgekehrt. Da ist nämlich der Kleine der Große.“

Im Taufspruch von Bastian finden wir die Anwort Jesu auf die Frage der Jünger:
“ Wer sich so klein machen kann wie dieses Kind, der wird im Himmelreich der Größte sein. Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf „.

Wer sich so klein machen kann wie dieses Kind, der wird im Himmelreich der Größte sein
Das ist nun wirklich genau dem entgegengesetzt, was die Jünger damals, und was wir heutzutage gelernt haben. Umgekehrte Mathematik.- Aber warum? –

Mensch vor Gott

Jesus sagt seinen Jüngern: Vor Gott stehe ich da, wie ein kleines Kind.
Vor Gottes Augen zählen meine Heldentaten, meine Größe und meine Macht gar nichts. Er schaut da gar nicht drauf.
Weil ich nämlich letztlich alles, worauf ich zu mächtig stolz bin, aus seinem Händen bekommen habe. Und das wird unser Verhältnis zueinander bestimmen.

Und das finde ich eigentlich gar nicht so schlimm; dem kann ich viel Gutes abgewinnen.

Ich muss mir nämlich Gottes Liebe und Zuneigung nicht durch gute Taten und  große Leistungen verdienen. Seine Liebe gehört mir, weil ich sein Kind bin.

Ich kann also auch Abschied nehmen von der Illusion – oder auf dem Zwang – alles selber zu schaffen, selber zu machen, selber zu erwirtschaften, selber zu leisten. Nicht erst mit dem dicken Bankkonto bin ich ein gemachter Mann.
Ich muss mich nicht machen!!
Gott hat mich gemacht!

Wenn wir heute ihren Bastian taufen, sagen wir ihm: Bastian, du bist schon jetzt ein gemachter Mann. Gott hat dich lieb und wird für dich sorgen. Ihm kannst du vertrauen.
Und dieses Vertrauen ist es, was Gott von uns erwartet. Vertrauen … mit anderen Worten: Glauben haben. Ganz kindlich.
So kindlich, dass es uns vielleicht manchmal auch peinlich ist.
Ich denke, auch das gehört zu diesem Satz dazu: Wer sich so klein machen kann wie dieses Kind, der wird im Himmelreich der Größte sein.

Bruder Andrew

Mir ist dazu ein Buch über einen Mann eingefallen, der in den 60er bis zu den 80er Jahren Bibeln nach Russland geschmuggelt hat. Das war damals unter schweren Strafen verboten. Es war in den Zeit des eisernen Vorhangs.  Aber dieser Bruder Andrew – ein gebürtiger Holländer – hat es immer wieder erfolgreich versucht. Denn er hat gemerkt, die sehr sich viele Leute in der kommunistischen UDSSR nach diesem Wort Gottes gesehnt haben.
Über das Buch, das ich vor etwa 20 Jahren gelesen habe, weiß ich nur noch sehr wenig. Aber eine besondere Szene habe ich immer noch im Kopf.
Bruder Andrew hatte aus einem Grund, den ich nicht mehr kenne, besonders viele Bibeln mitnehmen wollen. Aber die passten nicht alle in die versteckten Ecken seines VW Käfers. Schließlich packte er sie in eine Schachtel und stellte diese Schachtel einfach auf seinen Beifahrersitz. Er wusste sich nicht anders zu helfen. Sein ganz schlichter und eigentlich naiver Gedanke: „Wenn Gott will, dass die Menschen dort diese Bibeln erhalten, dann wird er es auch schaffen, dass ich durch die Grenzkontrolle komme.“
Bei der Grenzkontrolle fragte ihn der Beamte: Was haben Sie in dieser Schachtel? Seine ehrliche Antwort: Das Wort Gottes. Der Grenzpolizist blickte ihn einen Moment ungläubig an und winkte ihn dann durch, Bruder Andrew durfte weiterfahren. Ein wundersames Ereignis.

Unglaublich naiv und leichtsinnig könnte man sagen. Auf der anderen Seite: Mit seinem kindlichen Gottvertrauen hat es Bruder Andrew immer wieder geschafft – nicht dank seiner ausgeklügelten Schmuggel-tricks.

Wer sich so klein machen kann wie dieses Kind, der wird im Himmelreich der Größte sein.

Kinder aufnehmen

Liebe Taufgemeinde,
ein weiterer Satz gehört zu Bastians Taufspruch:
„Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf“.

Diese Worte können wir vielfältig deuten. Was heißt es: Ein Kind in Jesu Namen aufzunehmen?
– Es kann heißen, sich der Kinder anzunehmen, die kein Zuhause haben. Bei uns in Deutschland geschieht das, wo Menschen Pflegekinder aufnehmen. In anderen Ländern ist es schon eine große Hilfe, wenn man für die Straßenkinder ein Heim eröffnet, in dem sie Obdach, Fürsorge und etwas zu Essen bekommen. Auf diese Weise nehmen wir Menschen Jesus auf, geben ihm Heimat bei uns.

– Aber noch eine ganz andere Perspektive gehört hier dazu: Das eigene Kind aufzunehmen! Die Bereitschaft, ein Kind in die Welt zu setzen, die Verantwortung der Elternschaft zu übernehmen … die  ist in unserem Land deutlich am schwinden.

Die Frage “ wer ist der Größte“ ließe sich dann vielleicht so beantworten:
Nicht derjenige, der von allen beachtete öffentliche Erfolge erzielt und großen bewunderten Reichtum ansammelt, sondern der, der sein eigenes Kind annimmt und mit Verantwortung und Herzblut aufzieht. Ja, der hat auf diese Weise Jesus aufgenommen in seine Familie.

Lassen sie sich ermutigen, liebe Familie N.N.,
nehmen sie Jesus in ihre Familie auf indem sie ihren Sohn im Namen Jesu aufnehmen.
Mit der Taufe haben sie den ersten Schritt getan. Er ist jetzt ein Kind Gottes. Der zweite Schritt ist es, dass sie ihm diesem Glauben weitergeben. Da gibt es viele Wege.
~ Zum Beispiel da, wo das Kind in Abendgebet lernt, sich seinem Gott anzuvertrauen.
~ Oder dort, wo es die ersten biblischen Geschichten erzählt kommt.
~ Ganz besonders natürlich da, wo sie als Eltern Glauben – Gottvertrauen – vorleben.

Das sind alles keine großen Würfe. Das sind ganz kleine Bausteine für das Leben ihres Kindes. Aber gerade Bastians Taufspruch zeigt uns ja: das Kleine kann oft das ganz Große sein.

So, wie es im kommenden Lied auch heißt:
Ins Wasser fällt ein Stein, ganz heimlich still und leise, und ist der noch so klein, letztlich doch weite Kreise.Wo Gottes große Liebe in einen Menschen fällt, da wirkt sie fort, in Tat und Wort, hinaus in unsre Welt.

Amen

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