Anspiel und Predigt: “Der lange Atem” (Gottesdienst zum Sommerfest der Gemeinde) 17. Juni 2007

photo of person running on dirt road

Der lange Atem
Ein Anspiel und Predigt zum Thema mit einem Blick auf den Propheten Elia, dem kurz nach einem großen Erfolg doch irgendwie die Puste ausgeht.

Das Anspiel wurde verfasst, inszeniert und aufgeführt von Petra Keller und Klaus Wagner vom Theaterverein Gollhofen. Die Lesung vor  Anspiel und Predigt ist aus 1. Könige 19, 1-8: Der verzweifelte Prophet Elia in der Wüste.

Anspiel:

Einleitung: „Der lange Atem” – das ist der Thema für unseren Gottesdienst heute morgen. Gestern beim Straßenlauf war er auch das Thema: Schon den Kids beim Bambilauf versucht man beizubringen, wie wichtig es ist, nicht nur schnell 50 Meter zu rennen, und anschließend schnaufend abzubrechen: Man muss sich seine Strecke einteilen, damit die Puste für die geplanten 500 Meter, 2 Km, oder 5 wenn nicht sogar 10 Kilometer reicht.

Der lange Atmen hat nicht nur etwas mit der körperlichen Fitness zu tun: Da ist auch Vernunft und Geduld gefragt. Taktik, und Strategie. Wer zu früh zum Endspurt ansetzt, hat es so manche Male bereut.  Heute redet man neudeutsch von mentaler Stärke.. Schon längst wird der Begriff „einen langen Atem haben” auch außerhalb des Sports verstanden.
Eltern brauchen einen langen Atem, wenn sie ihre Kinder erziehen. Müssen über Jahre hinweg Konsequenz zeigen, Vorbild sein, Liebe schenken, Mut machen … sie müssen mit Rückschlägen und Enttäuschungen zurechtkommen.
Ein Bauer, der neu investiert braucht auch den langen Atem. Das in Solaranlage oder Stall gesteckte Geld fließt nur langsam wieder zurück. Auf die Schnell wird da keiner reich.  Genauso derjenige, der ein Haus baut und sich auf Jahrzehnte darauf einrichten muss, dass wegen Zinsen und Tilgung bestimmte Wünsche nicht erfüllbar sind.
Der lange Atem steht für die Fähigkeit, über längere Zeit eine Anstrengung, eine Belastung oder auch eine Hoffnung aufrechtzuerhalten. Im Großen und im Kleinen

Aber sehen Sie selbst!

SIE:sommerfest07 Geht auf die Bühne, kurz Hände in die Seiten, legt dann los und sucht hektischer werdend in der Handtasche
“Mist! Wo isss´n der b l ö d e  Schlüssel. Ewald, wo hasst´n Autoschlüssel scho widder noug´schmässt ?

ER: Du, ich hab den seit Freitag nimmer in der Hand g´habt. Gell, du brauchst des Auto?

SIE: Ja freilich, ich muss doch zum Bahnhof nach Werzborch. Ich sell doch die Tante Gertie zum Zuuch brenga. Die hat mich gestern noch extra angerufen, damit ich´s joo nidd vergess!

ER: Also, ich hab´n seit Freitag nimmer in der Hand gehabt.

SIE: In meiner Handtasch´ isser nidd, die hobb ich etz scho dreimal durchg´sucht. (kramt wieder in der Handtasche herum)

ER: Sell ich dir sucha helfa?

SIE: Näh! Du stehst mir eh´ bloß im Weg rum!

ER: Na gut! Weicha mir. (ab)

SIE: Großes Solo mit fliegenden Gegenständen und Schimpftiraden

ER: Ich seh´ scho: no nix g´funden.

SIE: Nää, immer no nidd. Und ich hob doch scho überall g´sucht!

ER: Überleich amol: Wer hat zuletzt des Auto g´hot?

SIE: Du.., nää, ich. Ich hob doch gestern noch a Kiste Wasser bei die Röhrersch g´holt!

ER: Also, ich leg manchmal den Schlüssel in die Kiste nei!

SIE: Des glääb ich etz zwar nidd, aber ich schau trotzdem ma nach! (geht von der Bühne runter und schaut nach, kommt wieder zurück) Fehlanzeige!

ER: Was hast´n gestern aug´hout ?

SIE: Die schwarze Jeanshose und die beige Bluse und (Pause) die rote Jacke da, weil ich gedacht hab, bei´s Röhrersch kanns länger dauern und obädds wird´s frisch..

ER: Hast im Kittel schon nochg´schaut?

SIE: Wos sell´n etz des? Freili hob ich … in dem Kittel…. no nidd… nochg´schaut…. (tut´s)

offenes Ende

 

Ansprache

Liebe Gemeinde,

es ist schon was Blödes, wenn einem der Schlüssel abhanden gekommen ist.
Aber eigentlich ist das eine wunderbare Übung, um den eigenen langen Atem auszutesten: „Wie lange halte ich durch beim vergeblichen Wühlen in der gesamten Wohnung ….”
Suchen braucht Zeit, da hilft es nichts, es ganz schnell hinter sich bringen zu wollen.

Natürlich gibt es Menschen, wenn sie den Autoschlüssel suchen, schießen sie in der Wohnung von der eine Ecke in die andere wie eine versehentlich gezündete Silvesterrakete. Und man hofft, dass sie den Schlüssel finden, bevor sie explodieren.
Andere behalten die Ruhe, überlegen gelassen, wo das gesuchte Stück vergessen worden sein könnte. Sozusagen Sherlock Holmes in der Dachgeschosswohnung.
Wie dem auch sei: Der Ruhige wie auch die Hektikerin brauchen beide einen langen Atem. Müssen durchhalten, bis sie den Schlüssel haben.

Wobei … ich kann mich den Eindrucks nicht erwehren … der gelassenere Typ doch eher die Chance hat, das ganze unbeschadet zu überstehen. Beim Hektiker habe ich das Gefühl, dass der Nervenzusammenbruch eher auftaucht als der Schlüsselbund.

 

Ich muss die beiden jetzt mal fragen: (Pfr wendet sich zum immer noch auf der Bühne sitzenden Paar zu)
„Wie geht es eigentlich weiter bei euch?”

SIE:  ich hoffe halt, dass der Schlüssel jetzt in der sommerfest07aJacke da irgendwo drin ist … aber jetzt kann ich keine Störung brauchen, ich habs ja eilig …

Pfr: Und wenn er verschwunden bleibt?

SIE: Hör mir nur damit auf, Pfarrer, … tu lieber weiterpredigen, und mach mich net verrückt!

Pfarrerr: Und unser ruhiger Ewald?

ER Naja, wenn jetzt gar nicht klappt könnt ich ja vielleicht noch unsern Nachbarn fragen, ob er nicht ihr sein Auto leihen könnte, um die Tante vom Bahnhof abzuholen.

Ja, liebe Gemeinde, ein langer Atem ist viel wert, aber ist keine Garantie dafür, dass mir alles gelingt. Die Sache ist komplizierter:
– Zum einen brauchen wir einen langen Atem, wenn wir bestimmte Ziele erreichen wollen.
– Zugleich brauchen wir ihn gerade auch dann, wenn wir unsere Ziele und Hoffnungen nicht erreichen. Ein langer Atmen kann helfen, Durststrecken und Niederlagen in Leben zu bewältigen ohne aufzugeben.

Da möchte ich an Elia erinnern. Den Propheten aus der Lesung vorhin. Der war ja einer von der ausdauernden Sorte. Über Jahre hinweg hat er sich mit dem König Ahab und dessen Frau Isebel angelegt. War ein steter Mahner, der sie dazu aufgefordert hat, mit ihrer heidnischen Götterverehrung aufzuhören. Er hat da wirklich einen langen Atmen bewiesen. Bis zu seinem Zusammenbruch unter diesem Busch in der Wüste. Da war er am Ende. Fix und fertig. Wollte nicht mehr. Die vergebliche Streiterei mit dem Königshaus war ihm zuviel geworden. Er wollte sterben … er der Ausdauerprediger.

Da musste Gott selber eingreifen: Ein Engel erscheint dem Elia, stellt ihm Wasser und Brot hin und macht ihm Mut. Zwei Mal passiert das. Diese spürbare Fürsorge Gottes bringt ihn wieder auf die Beine. Und er gewinnt seinen langen Atem zurück: Vierzig Tage lang marschiert er durch die Wüste zum Berg Horeb.

Der versöhnliche Schluss dieser Geschichte sollte uns nicht vergessen lassen: Der große Prophet war da zwischendurch wirklich ganz klein, platt, wollte alles hinschmeißen. Ein Phänomen, das uns in Glaubensfragen öfter begegnet. Nicht so spektakulär wie unterm Ginsterbusch bei Elia, aber nicht weniger einschneidend.

So, wie manche vergeblich nach ihren Schlüssel suchen, fragen sich viele, ob das mit Gott denn eigentlich etwas fürs Leben bringt. Suchen seit ihrer Konfirmation nach den Punkten, wo der Glaube im
Leben etwas bewirkt, vorwärts bringt, etwas verbessert.
Und je länger man verzweifelt sucht, umso sinnloser erscheint das alles – wir kennen ja inzwischen die Gefahren des hektischen, kurzatmigen Suchens.

Glauben zu erleben, Gott im Leben spüren, das ist eher etwas für den langen Atmen:
Man braucht einen langen Atem, wenn man als Jugendlicher sich zur Kirche halten will, obwohl viele Kumpels nur schmunzeln und einen für altmodisch halten.
Man braucht einen langen Atem, wenn man als junge Familie bei unserer modernen Freizeitkultur den Sonntag als Feiertag, vielleicht sogar mit Gottesdienst und Kindergottesdienst gestalten will.
Man braucht einen langen Atem, wenn man als alter Mensch, wenn vieles nicht mehr so wie früher ist; wenn man weniger leisten kann, dafür aber mehr gesundheitliche Beschwerden hat; wenn man da das Gute im Leben entdecken will.

Das alles ist nicht einfach: Aber umgekehrt, verleiht das Vertrauen auf Gott in vielen Lebenssituationen dann doch Zuversicht, Hoffnung, Ruhe … eben einen langen Atmen.

Liebe Gemeinde,
obwohl der lange Atem wichtig ist, schätzen ihn viele nicht oder haben ihn in unserer kurzatmigen Zeit verloren.

Wie kann man ihn wieder erhalten?
Den einen Weg kennen die Leute, die gestern beim Straßenlauf mitgemacht haben: Training! Ohne Übung wirds nichts mit dem langen Atem. Beim Sport, im Alltagsleben und auch im Glauben. Ich kann nicht die 10 Kilometer Hauptlauf in einer Stunde schaffen, wenn ich im Alltag schon allein für die 300 Meter zum Metzger das Auto nehme.  Das versteht jeder!

Ob unsere Kinder es später schaffen werden, über Monate hinweg Schwierigkeiten in ihrem Beruf, der Ausbildung oder einer Partnerschaft durchzustehen und nicht alles hinzuschmeißen. Das hat sicher auch etwas mit dem Training daheim zu tun, ob sie es gelernt haben, auf bestimmte Dinge einfach warten zu müssen. Und nicht auf Zuruf jeden Wunsch von den Augen abgelesen bekommen. Was wissen wir eigentlich alle, nur im Gefecht des Familienlebens, verlieren wir Eltern das manchmal aus den Augen

Dass der Glaube mir in einer tiefen Krise hilft … das kann ich mir nur schwer vorstellen, wenn ich nur 2x im Jahr die Kirche von innen sehe und auch sonst mit Gott kein Wort rede.

Auch in Glaubensdingen will der lange Atmen geübt werden. Training ist das eine.
Ah … da würde ich doch gerne unsere Bläser mal um einen Test ihres Trainingsstandes bitten: Schaut doch mal, wie lange ihr es schafft, einen Ton zu blasen – ohne dazwischen zu schnaufen.

Bitte jetzt! …(Der Posaunenchor bläst gemeinsam einen Ton, so lange bis dem letzten Bläser die Lufdt ausgegangen ist)

Tja, das war ja ganz ordentlich, aber ewig war es nicht.

Vielleicht könntet ihr ja mal zusammenhelfen …. dass ihr zusammen blast, aber doch hie und da einer dazwischen schnaufen kann?

(Pfr unterbricht den Dauerton, der offenbar endlos weitergehen könnte) Danke, danke, danke … ich glaube es ja schon, dass ihr das bis Montag früh schaffen könntet. Es wird damit schon deutlich: In der Gemeinschaft ist es leichter möglich, einen langen Atem zu haben. – Wenn man sich gegenseitig stützt, wenn der andere einspringt, weil einem selber die Puste ausgeht.

Ich schätze es sehr in unserem Dorf, dass wir das immer wieder erleben, dass man einander weiterhilft, damit einem nicht die Luft knapp wird.
Vielleicht ist dann der Nachbar so etwas wie der Engel bei Elia, der vorbeikommt, und einem weiterhilft. Mit Wasser und Brot, mit einem Guten Wort, mit einem Hilfsangebot, oder den Autoschlüssel, den er auf dem Bürgersteig gefunden hat.

Ich wünsche uns allen im Leben und im Glauben einen langen Atmen.

Amen

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.