Radioandachten auf Charivari 98,6 im Juni 2014

Montag: Abstandswarner
Dienstag: Etiketten ablösen
Mittwoch: Elektriker vor dem Herrn
Donnerstag: Die Erdbeere
Freitag: Spurensicherung
Samstag: Trinker oder Tunker

Montag: Abstandswarner

Guten Morgen,
die Abstandswarner am Auto sind ja wirklich Gold wert. Wenn ich mich in eine Parklücke hineinmanövriere, warnen sie mich mit hektischem Piepsen davor, dass ich der Stoßstange des anderen Autos zu nahe komme.
Es gibt Menschen, denen würde ich auch gerne einen Abstandswarner einbauen. Denn die haben keine Skrupel, mir beim email-schreiben über die Schulter zu schauen, die haben kein Gespür dafür, dass sie gerade in ein sehr persönliches Gespräch hineinplatzen … irgendwie fehlt ihnen der Sensor dafür, wieviel Distanz der Freund oder Kollege braucht, um sich wohl zu fühlen.
Das ist mit solchen Leuten manchmal schon wirklich blöd, weil die dann meist auf kleine Andeutungen überhaupt nicht reagieren!
Bevor es dann kracht, machen sie es doch, wie zu den Zeiten, als man ohne Abstandswarner einparken musste: Da war man froh, wenn einer vom Bürgersteig aus mit klaren Handzeichen zeigte, wie viel Platz da noch war.
Deutlich sagen, was einem nicht passt, wo man sich eingeengt und belagert fühlt. Das ist nicht elegant – aber zumindest klar. Das schont ihre Nerven, und hilft vielleicht auch beim Miteinander.
Alles Gute, und einen schönen Tag wünsche ich Ihnen.

Dienstag: Etiketten ablösen

Guten Morgen,
da kaufst du dir ein schönes Glas oder eine Blumenvase – und daheim stellst du fest: Die ganze Schönheit ist nichts wert, weil du das blöde Etikett nicht wegbekommst! Das pappt da dran, wie die Pest! Wasser, Spülmittel, Alkohol – nichts hilft! Das Etikett bleibt.
Das gleiche erleben manchmal unsere Kinder. Wenn sie bei einem Lehrer einmal das Etikett „Störenfried” oder „schwach in Mathe” bekommen haben. Oder im Freudeskreis des Etikett „Langeweiler” verpasst bekommen. Das klebt oft ewig an einem Menschen, legt ihn fest, verbaut ihm manche Chance im Leben – und meistens stimmen diese Etiketten ja gar nicht.
Für die Etiketten auf der Blumenvase gibt es im Handel spezielle Lösungsmittel zu kaufen – da gehen die wirklich weg!
Und wie machen wir es mit den Etiketten, die wir uns gegenseitig aufkleben?
Da ist die Nächstenliebe das beste Lösungsmittel. So, wie Jesus den Zolleinnehmer und die Sünderin einfach akzeptiert hat. Den Menschen suchen, der hinter den Etiketten versteckt ist. Ohne Vorurteil und mit der Offenheit, sich auch mal überraschen zu lassen.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Mittwoch: Baggerfahrer vor dem Herrn

Guten Morgen,
was meinen Sie: Aus welchen Berufen kommen wohl die Leute, die sich in der Kirchengemeinde ehrenamtlich engagieren?
Lehrer? Klar, die können gut reden und formulieren – das kann man oft brauchen – für Gottesdienste und den Gemeindebrief.
Banker? Logisch, wenn es um die finanzielle Planung von Baumaßnahmen geht, sind die wirklich wertvoll.
IT-Fachleute? Selbstverständlich, die werden immer gerne gefragt, wenns um die Homepage der Gemeinde geht.
Aber ob ihr Pfarrer etwas mit Metzgern, Schreinern, Verkäuferinnen, Fliesenlegern oder einer Gerichtsmedizinerin anfangen kann?
Ich wette: Ja, er kann!
Nicht nur, weil Sie Ihre beruflichen Kompetenzen haben, sondern Sie sind ein Mensch, der sicher vielfältige Fähigkeiten und bestimmt interessante Ideen mitbringen wird.
Sie werden gebraucht, weil Kirche auch durch die Menschen lebt, die sich dort engagieren.
Machen Sie es doch mal, und schocken Sie Ihren Pfarrer mit der Frage:
„Guten Tag, ihre Gemeinde kann doch sicher einen Baggerfahrer brauchen!” –
Alles Gute wünsche ich Ihnen

Donnerstag: Die Erdbeere

Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere,
So lautet der Refrain eines Liedes, das Leila Negra und Peter Alexander
gesungen haben. Ja, das kennen wir:  Die „großen Tiere“, die wohlhabenden, einflussreichen Menschen, die genießen die süßesten
Früchte, Annehmlichkeiten, Luxus und ein sorgenfreies Leben. Wir, als die Kleinen, können nur sehnsüchtig danach schielen.
Eine Ungerechtigkeit, die einen manchmal schon neidisch und wütend werden lassen kann.
Wäre da nicht die Erdbeere!
Lange bevor die süßen Kirschen oder saftigen Pfirsiche in den unerreichbaren Wipfeln der Bäume rot werden, leuchten mir
fröhlich die reifen Erdbeeren entgegen.
Und jeder weiß, wie köstlich, süß und aromatisch diese niedrigen Früchte sind.
Ich frage mich, ob Gott die Erdbeere nicht extra für uns kleine Leute geschaffen hat. Um zu zeigen: man muss nicht immer nach oben greifen, um etwas Gutes zu erreichen. Da unten, bei uns, da finden wir auch so etwas Leckeres, wie die Erdbeere.
Mann muss nur die Augen offen halten, und bereit sein, sich auch mal nach unten zu bücken.
Dann findet man das Gute auch einmal ganz unten.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Freitag : Spurensicherung

Guten Morgen
heutzutage kommt ja kein Krimi mehr ohne Spurensicherung aus. Die Truppe, die in ihren weißen Kitteln den Tatort nach Hinweisen auf den Täter absucht, bis auch das kleinste Fitzelchen gefunden ist.
Und wir als Zuschauer sind gespannt, ob irgendwann tatsächlich der Ermittler mit seiner Pinzette das verräterische Haar ins Bild hält, dessen DNA zweifelsfrei nachweist, wer hier am Tatort war.
Ob man auch mal so eine Spurensicherung im eigenen Leben veranstalten sollte? Schauen, ob sich im eigenen Leben Gottes Spuren nachweisen lassen? Mein Leben als Tatort Gottes.
Wo hat er mein Leben gelenkt, mich vor Schlimmen bewahrt oder korrigierend eingegriffen? Wo hatte er seine Finger im Spiel, wo hat er mir Unangenehmes zugemutet oder in Schwierigkeiten weitergeholfen?
Darauf zu schauen – dazu brauche ich keine Pinzette und auch keine Lupe. Aber ein bisschen Zeit. Spuren sichern – das Vergangene bedenken – Gottes Fingerabdrücke entdecken. Das machen wir eigentlich viel zu selten.
Vielleicht ist ja am kommenden Wochenende ein bisschen Zeit.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

Samstag: Trinker oder Tunker

Guten Morgen.
Sind sie Trinker oder Tunker?
Diese Frage stellt sich in evangelischen Kirchen immer öfter – beim Abendmahl nämlich. Denn da gibt es immer häufiger Menschen, die Trinken nicht aus dem Kelch, sondern tauchen ihre Hostie kurz in den Wein ein.
Viele machen das, weil sie sich nicht so wohl fühlen beim Gedanken, mit 60 anderen Menschen aus einem Kelch zu trinken.
So wächst die Zahl der Hostien-Tunker inzwischen stetig an.
Ich selber möchte lieber richtig trinken: Mit dem Kelch fest in der eigenen Hand – so wie ich es mir vorstellen kann, dass es auch damals bei Jesus und seinen Jüngern war.
Ich habe zugleich den Eindruck: Mit dem Tunken, fühlen sich viele Leute beim Abendmahl sicherer als bisher. Soll ich den Kelch selber nehmen, oder gibt ihn der Pfarrer nicht aus der Hand, wie vermeide ich, dass etwas verschüttet wird? Diese Fragen sind mit den Hostieneintauchen erledigt.
So solls mir recht sein – denn schließlich geht es hier um Gemeinschaft mit den anderen Menschen und mit Gott – und nicht darum, ob man etwas richtig oder falsch macht.
Einen guten Tag wünsche ich Ihnen.

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