Predigt: Willkommen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten (Psalm 31,9 und Markus 9,23) 8. Februar 2009, Taufpredigt

Symbolbild - Taufe

Erzählpredigt zur Taufe von Levin und Linus: Willkommen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Taufsprüche:
Levin: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum” (Psalm 31, 9b)
Linus: „Alles ist möglich, dem, der da glaubt” (Markus 9, 23)

 

„Willkommen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten”,  erschreckt blickte Jürgen von seiner Kirchenbank hoch, „Willkommen,” wiederholte der seltsame kleine Mann, der in einer blauen Uniform steckte. Fröhlich lächelte er Jürgen an und reichte ihm die Hand. „Kommen Sie mit, ich führe sie gerne durch unsere Welt – das Land der unbegrenzten Möglichkeiten”.

Jürgen blickte sich verunsichert um: Aber die Kirche war leer, die Kerzen aus, der Taufstein war wieder abgedeckt … nur an den angesteckten Liedern merkte er, dass heute tatsächlich sein eigener Taufgottesdienst gewesen sein muss.

Eifrig nickte der kleine Mann, dass ihm seine rote Mütze fast vom Kopf purzelte: „Jaja, das passiert öfter, dass die Leute nach der Taufe ein wenig brauchen, bis sie gedanklich in unserer Welt ankommen. Gerade Erwachsene tun sich da schwer. Keine Sorge, aber nun kommen Sie … ich habe ihnen ja eine Menge zu zeigen.”

Als beide durch die Tür in den Kirchhof traten, sah alles aus, wie immer. Vielleicht kam ihm das Sonnenlicht etwas heller vor, aber sonst?  Jürgen senkte seine Stimme, und fragte im Flüsterton:
„Sagen Sie, was ist das für ein Land, das Sie mir zeigen wollen? Und wo ist es?”
Der Mann im blauen Anzug breitete die Arme aus: „Hier! Überall. Sie haben es nur noch nicht entdeckt. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten beginnt für Sie gerade hier.”

„In der Ringstraße? Am Gemeindehaus?”
„Nein”, der kleine Mann drängte ihn, weiterzugehen und begann mit seiner Erklärung:
„Es hat damit angefangen, dass Sie Vertrauen auf Gott gewannen und sich taufen ließen. Wissen Sie, unser Herr, mein Chef, hat einmal gesagt: Alles ist möglich, dem der glaubt. Und deshalb sind Ihre Möglichkeiten eigentlich unbegrenzt”.
Jürgen stutzte: „Soll das heißen, ich kann alles, und jeder Wunsch geht in Erfüllung?”
Der Mann unter seiner roten Mütze lächelte ihn belustigt an: „Was würden sie denn als erstes gerne ermöglicht haben?”

„Im Lotto gewinnen! Klar wenn mal wieder so ein Jackpot ist, wie letzte Woche, dann einen Sechser mit Superzahl! Dann könnte ich … ach, dann hätte ich keine Sorgen mehr!”

„Und was würden Sie mit dem Geld machen?”

„Ich würde es gut anlegen; dass es was bringt. Na gut, das ist jetzt mit der Finanzkrise auch nicht mehr so einfach. Und dann sollen auch andere was davon haben, aber dabei muss man ja auch aufpassen; ich habe mal einen Beitrag im Fernsehen mitbekommen, wie da mit Bettelbriefen die Lottogewinner belästigt werden. Dann ein Haus bauen, mit Pool; aber auch mit Alarmanlage, man weiß ja nie, wer da einem was Böses will; allein schon um die Kinder zu schützen, nicht dass die gekidnappt werden….”

„Aha”, murmelt der Mann in blau: „So sieht das also aus, wenn man völlig sorgenfrei sein Leben führt. – Kommen sie mal mit in diese Straße rein. Hier, in dem alten Haus da. Da lebt eine Frau, die lebt wirklich sorgenfrei.”

„In der Klapperkiste von Haus?”

„Ja, sie hat nur eine kleine Rente. Sie meint aber auch, sie braucht nicht mehr viel in ihrem Alter. Aber sie vertraut darauf, dass es gut geht. Dass Gott ihr hilft, wenn sie Schwierigkeiten hat. Sie hat das schon oft erlebt, dass ihre Gebete erhört worden sind; auch wenn sie manchmal lange drauf warten musste.”

„Naja…” Jürgen überlegte, wie er es formulieren sollte „… das klingt ja ganz schön; aber irgendwie ist mir das ein bisschen wenig für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ich habe da ein bisschen an mehr gedacht”.

„Sie meinen Wunder und Sensationen?”

„Genau, zum Beispiel Wunder”,

Der kleine Mann in der Fremdenführer-Uniform lächelt milde: „Wunder gehörten schon immer dazu. Damals bei meinem Chef, da hat er mit Heilungen vielen Menschen weitergeholfen. Oder auch mit so kleinen Dingen: Dem Petrus hat er einen tollen Fischfang geschenkt, einmal ein paar tausend Leuten zu einer Vesper verholfen. Und das ging immer so weiter. Bis heute. Wir haben uns aber heutztage zusätzlich auch auf kleine Wunder im Nano-Bereich spezialisiert.”

„Was soll denn das sein?

„Ganz einfach. Wir haben gemerkt dass viele Menschen mit der Vorstellung, dass Gott etwas außergewöhnliches tut, so ihre Probleme haben. Sie versuchen das dann immer naturwissenschaftlich zu erklären. Wir lachen uns im Himmel manchmal schief darüber.

Zum Beispiel der Versuch eines Professors, zu erklären, dass das Schilfmeer zur Zeit Mose nur 30 cm tief war. Und deshalb wars gar kein echtes Wunder, dass die Israeliten hindurch ziehen konnten.”

„Und was war daran lustig?”

„Naja, die Israeliten wurden ja von den Ägyptern verfolgt. Können Sie sich vorstellen, wie eine ägyptische Armee in einem 30cm tiefen Wasser ertrinkt?”

„Na, sie haben vielleicht einen Humor. Aber können Sie mir endlich erklären, was diese Nano-Wunder sind?”

„Diese Nano-Wunder sind eben so unauffällig, dass sie gar nicht als Wunder wahrgenommen werden. So bekommen die Menschen etwas von Gottes Möglichkeiten geschenkt, und müssen sich nicht großüber Unerklärliches den Kopf zerbrechen.”

Inzwischen waren beide auf einer Anhöhe am Ortstrand angekommen. Von dort konnten sie das ganze Dorf überblicken, sahen die weiten Felder in der Flur, am Horizont zur Linken zeichneten sich die Weinberge ab. Der Fremdenführer nahm seine Mütze ab, und hielt sie mit beiden Händen andächtig vor seinen Bauch.

„Sie können sich gar nicht vorstellen, was hier in den letzten 100 Jahren an kleinen und großen Wundern alles geschehen ist.

Der alte krebskranke Mann, den die Ärzte schon aufgegeben hatten, und dem dann doch noch einmal einige Jahre geschenkt worden sind.

Die Frau, die sich trotz schwieriger Situation dazu entschlossen hat, ihr Kind nicht abzutreiben.

Die Nachbarn, die es nach vielen Jahrzehnten geschafft haben, einen alten Streit beizulegen.

Der Trinker, der mit Unterstützung seiner Frau wieder frei geworden ist.

Die vielen Unfälle, die auf der Bundesstraße nicht passiert sind, weil doch noch einer rechtzeitig gebremst hat.

Naja … und Sie.”

„Ich?”

„Auch Sie sind ein Wunder. Allein, dass es Sie gibt, ist etwas wunderbares. Und jetzt, weil sie sich entschieden haben, es mit Gott zu versuchen. Allein das ist ein Wunder. Und damit betreten sie Neuland. Ich hoffe ich habe sie da einigermaßen gut damit vertraut gemacht, mit diesem Land der unbegrenzten Möglichkeiten.”

„Puh”, Jürgen atmete tief durch. „das ist ja wirklich ein weites Feld. Ich spüre so langsam, was Sie meinen: Alles ist möglich für den, der glaubt, aber es wird nicht alles geschehen, nur weil er es sich wünscht. Das ist je echt ein weites Feld, dass sich da auftut”

Der Mann in blau setzte seine Mütze bedächtig wieder auf: „Ja, das haben sie schön formuliert. Vor 3000 Jahren habe ich einem Mann das auch erklärt, und er hat so ähnlich sogar in einem Lied aufgeschrieben, das ist dann als
Psalm in der Bibel gelandet: ́Du stellst meine Füße auf weiten Rauḿ – so hat er es in Worte gefasst . Aber wissen Sie, sie werden sicher ihre eigenen Worte finden, um das auszudrücken, was sie erleben. Sie werden sicher in den kommenden Jahren einige schöne Kapitel für ihr Glaubensbuch zusammen bekommen. – Also leben sie wohl.”

Jürgen blickte sich etwas erschrocken um: Der Mann war augenblicklich unsichtbar geworden. „Moment, lassen sie mich jetzt allein?”

„Ja… ich schon” – kam die Stimme aus dem Nichts „Aber keine Sorge, mein Herr, der bleibt bei Ihnen”.

 

Amen

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