Predigt: Baustelle Gemeinde (Themenpredigt zum Sommerfest) 20. Juni 2010

„Mitbaustelle2010 unsern Plänen und Ideen bauen wir die Welt
in der wir miteinander leben, wie es Gott gefällt.
Alle sind am Bau beteiligt, heute, jeden Tag,
komm bau mit an unsrer Welt, wie in dieser Stadt.”

Es wird gebaut in Gollhofen

Liebe Gemeinde,
eine Baustelle gibts bei uns im Dorf eigentlich immer irgendwo. Es wird gebaggert, gebuddelt, eingerüstet, abgerisen, aufgerissen … das volle Programm. Nicht bloß jeder für sich, auch auf der Ebene der Dorfgemeinschaft wurde gebaut und wird gebaut:
Die Kinderkrippe ist im Herbst entstanden, zuvor wurde das Gemeindehaus renoviert, im Friedhof die Urnenanlage angelegt, das neue Baugebiet wird ausgewiesen, ein neuer Spielplatz hier am Sportplatz ist ihn Planung. Einige potentiell leerstehende Häuser haben wieder Bewohner gefunden.  Im Industriegebiet geht auch immer irgendwas.
Das hat schon seinen Charme, die Bewegung, die in Gollhofen drinsteckt. Dass wir hier keinen Stillstand haben, sondern immer ein bisserl was geht.
Denn wo sich nichts tut, da droht Verfall. Denn Nichtstun – das kann man an Häusern genauso erleben wie am eigenen Körper, an einer Gemeinschaft oder einer Beziehung – Nichtstun führt dazu, dass der Zahn der Zeit unweigerlich anfängt zu knabbern. Verschleißerscheinungen, Abnutzung – aber auch Gewöhnung und Abstumpfen – das alles droht, wenn sich nichts tut.

Wie gesagt: Das betrifft nicht nur die Bausubstanz, das gilt (so denke ich) auch für den Zustand der Dorfgemeinschaft und unserer Kirchengemeinde. Man kann da nicht Nichtstun. Denn wer da nichts tut, der unterstützt allein durch Nichtstun den Prozess des Verfalls. Also bleibt nichts anderes übrig, als an dieser Gemeinschaft kontinuierlich weiterzubauen – eine Dauerbaustelle sozusagen.

Unsere kontinuierlichen Bauarbeiten

Unsere „Baustelle Gemeinde” ist also eigentlich keine, die laufend etwas schickes neues hinsetzt. Das ist viel vielfältiger:
~ Da wird umgebaut, als bisheriges aufgrund neuer Gegebenheiten verändert und angepasst.
~ Es wird renoviert – also erneuert: Altes, wertvolles wird zu neuem Glanz verholfen, damit man seinen Wert wieder erkennt und es gerne nutzt.
~ Und es wird auch restauriert, bewährtes wird gepflegt, fortgeführt – ganz so, wie es einst gedacht war, weil man gemerkt hat, dass manche Modernisierung ein Schritt in die falsche Richtung war.

Renovieren – da sind wir Gollhöfer auch innerlich gut dabei. Uns auf neues einzulassen, Veränderungen mitzutragen und mitzugestalten. Vornedran zu sein, im Bereich Photovoltaik ist klasse. Naja und nach 15 Jahren ist auch die Tatsache, dass man einen halben Pfarrer hat, auch in den letzten Köpfen angekommen und auch das Bewusstsein, dass man mit 50%-Pfarrer auch gut zurechtkommen kann.
Das Pfarrerbild ist auch dabei überarbeitet zu werden. Die alte Pfarrherrlichkeit – der Hochwürden der unangreifbar über der Gemeinde schwebt – hat zunehmend Platz gemacht für ein neueres Bild von Gemeindeleistung durch den theologischen Fachmann als Mitmensch und Mitchrist.

Restauriert – also erhalten und neu überarbeitet – hat sich das Bewusstsein für die Verantwortung der Gemeindemitglieder. Denn nach wie vor: Ohne die Mithilfe vieler Ehrenamtlicher ist vieles kaum zu schaffen. Auch so ein Fest wie an diesem Wochenende wäre undenkbar, wenn nicht viele zusammenhelfen, und einige sogar bereit sind, in besonderer Weise Verantwortung zu tragen und sozusagen Tag und Nacht hier herumzurödeln und auch noch den Kopf hinzuhalten, wenn etwas schief geht.

Aber es gibt auch Bau-Stellen, da muss in Sachen Gemeinde und Gemeinschaft Neues aufgebaut werden. Wo unser Dorf sich erweitert, wo neue Menschen dazukommen, da müssen wir schauen, dass wir ihnen den Weg in unsere Gemeinde eröffnen.
Uns als Gemeinde aufzustellen, die offene Arme signalisiert, ist ein wichtiger Schritt. Aber auch kein leichter. Auch in Gollhofen werden wir zunehmend erleben, dass Menschen mit – für uns – ungewohnten Lebensstilen, Familiensituationen, Religionen oder Konfessionen bei uns leben. Da ist Integration nicht immer leicht, weil man auf beiden Seiten nicht so leicht über den eigenen Schatten springt. Darum ist das eine Baustelle, wo man wirklich erst mal kreativ nach dem Bauplan für ein gutes Miteinander suchen muss.
Ein Weg sind da sicher die Kinder, weil die viel unvoreingenommener als wir Erwachsene aufeinander zugehen – und wenn dann die Kinder ihre Erwachsenen im Schlepptau haben, dann kommt es oft ganz unkompliziert zu Begegnungen, die man sich sonst kaum hätte vorstellen können.
Imme wieder merke ich: Häufig bekommen Neuzugezogene erst über ihre Kinder in Krabbelgruppe oder Kindergarten richtig Kontakt mit den Menschen im Dorf.

Da gewinnt der Aufruf Jesu, dass wir wie die Kinder werden sollen, eine ganz neue Bedeutung…
– Das wäre jetzt auch der Startschuss für unsere Kindergottesdienst-Kinder, die uns ein Lied zum Thema präsentieren werden

 

LIED: WIR BAUEN EINE KINDERSTADT

Utopien …

„Mit unsern Plänen und Ideen bauen wir die Welt
in der wir miteinander leben, wie es Gott gef ällt.
Alle sind am Bau beteiligt, heute, jeden Tag,
komm bau mit an unsrer Welt, wie in dieser Stadt.”

Das war der dritte Vers in eurem Lied.  Ist das utopisch? Soll man das wirklich versuchen, oder sollten wirs bei einem hübschen Kigo-Lied belassen? Nett, harmlos, aber nicht so ganz ernst zu nehmen?

Ehrlich: Der Gedanke, eine Welt – oder auch nur unser Dorf – nach diesen Wünschen zu gestalten, überfordert uns. Das kriegen wir nicht hin.
Ein Dorf mit einem Platz für jeden; für Kinder, für Eltern, für Alte, für die Alteingesessenen und für die Neuzugezogenen. Bedaure – des wird wohl nix!
Du spinnst, wenn du glaubst, dass das zu bewältigen ist.
Gut, liebe Gemeinde, so offen wird das keiner sagen – bloß denken – aber das machts auch nicht besser.
Ich überlege mir, wie das war, als Jesus seine Bergpredigt verkündet hat. Da hat Jesus ja unglaubliche Dinge gesagt, Vorstellungen, Forderungen, die seine Hörer sicherlich völlig ins Schleudern gebracht haben:

Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen – damit zeigt ihr, dass ihr Kinder Gottes seid, denn er lässt es auf Gute und Böse regnen.
Sorge dich nicht um Essen, Trinken und Kleidung – schau die Blumen auf dem Feld an, sie werden von Gott versorgt, ohne sich Gedanken um ihren Kontostand zu machen.

Klar, da haben auch viele Menschen im Herzen gespürt, dass es ein guter Weg wäre, aber ihr Verstand hat ihnen gesagt: Das kannste vergessen, das wird nichts, das ist unrealistisch, das brauchst du gar nicht erst versuchen.

Auf Sand oder auf Fels gebaut

Die Antwort auf diese unausgesprochene Anfrage liefert Jesus postwendend am Ende seiner Bergpredigt: Er erzählt von dem Mann, der Jesu Worte zwar hört, aber nichts draus macht: Der ist wie einer, der sein Haus auf Sand baut. Ein hübsches Häuschen, das aber über kurz oder lang beim nächsten Unwetter in Schieflage kommt und zusammenbricht.

Nur, wer sich daran macht, auf Jesu Worten sein Haus zu bauen, hat festen Boden unter den Füßen.

– Hör zu, was ich dir zu mitzuteilen habe, sagt Jesus.
– Hör genau hin, achte auf die Ratschläge, die ich dir gebe.
– Schau auf die Verheißungen, die ich dir verkünde.
– Und lese zwischen den Zeilen: Denn da ist versteckt, was du augenscheinlich vermisst hast: Die Zusage, dass Gott mit dir sein wird, wenn du meinen Weg gehst. Wenn du den Weg der Utopie beschreitest, wirst du wahrscheinlich nicht genau dort ankommen, wo du es vermutet hättest. Aber auf diesem Weg wirst du deinen Teil dieser großen Gemeinde aufbauen – wirst ein Teil des großen Ganzen sein, zusammengefügt von einem himmlischen Baumeister, der mit deiner Hilfe seinen Plan Schritt für Schritt verwirklicht.

Liebe Gemeinde,

unsere Baustelle Gemeinde wird immer eine Baustelle bleiben, mit Neubauten, Umbauten und Abbrüchen. Das ist eine uralte Wahrheit, die schon Martin Luther formuliert hat – nur auf Latein klingts etwas gediegener: Ecclesia semper reformanda.

Wir werden auch immer mit neuen Ideen und Konzepten versuchen, das zu verwirklichen. Aber letztlich geht es darum, dass wir selber – jeder Einzelne – sein Leben auch als Baustelle akzeptiert:

Eine Baustelle, in bei der wir auf dem Fundament unseres Glaubens mit den Worten Jesu unser Leben gestalten. Stein für Stein – immer offen für Renovierungen und Korrekturen. Dann gehts vorwärts.

Wie im Lied der Kigo-Kinder:

Stein auf Stein, Stück für Stück,wir bauen eine Kinderstadt, machst du mit?
Stein auf Stein, Stück für Stück, Auf jedes Steinchen kommt es an:  Hey mach mit!

Amen

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