Predigt: Klug, phantasievoll, vorausschauend und ein bisschen raffiniert (Lukas 16, 1-8) 13. November 2011

Dverwalteras Gleichnis vom untreuen Verwalter kann einen so richtig ärgern! Schließlich lobt Jesus da einen Gauner! Aber dennoch taugt er als Vorbild

Predigttext: Lukas 16,1-8
Jesus sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz. [2] Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein. [3] Der Verwalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln. [4] Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde. [5] Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? [6] Er sprach: Hundert Eimer Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig. [7] Danach fragte er den zweiten: Du aber, wie viel bist du schuldig? Er sprach: Hundert Sack Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig. [8] Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter , weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts. [9] Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.

Der Skandal bei Lukas

Liebe Gemeinde,
es passiert ja eher selten, dass man sich über einen Bibeltext ärgert. Aber hier scheint es ja gar nicht anders zu gehen. Da ist ein Geschäftsführer, der anscheinend nicht besonders sorgsam mit dem Betriebskapital umgegangen ist. Dem steht eine Prüfung seiner Arbeit ins Haus; und er weiß: Das kostet mich meinen Job. Offenbar weiß er, dass er nicht ordentlich gewirtschaftet hat. Und da hat er die Frechheit, und holt die Leute, die beim seinem Chef Schulden haben und erlässt ihnen einen Teil der Schulden. Auf Kosten seines Chefs. Und hofft, dass die dann später ihm helfen, während seiner Arbeitslosigkeit über die Runden zu kommen.
Das ist Betrug, Unterschlagung, Urkundenfälschung, Amigo-Gehabe …. Wahnsinn! Das erinnert einen ja erschreckend an manches, was wir heute in der Finanzwirtschaft erleben. Manager, die in ihrer Gier ihre Firma in Grund und Boden wirtschaften und am Schluss noch immense Abfindungen kassieren.
Eine einzige Sauerei!

Und das Dumme: Jesus lobt diesen Verbrecher auch noch! Jesus verschweigt nicht, dass dieser Verwalter untreu und unehrlich gehandelt hat – aber trotzdem hält er in den Jüngern als Vorbild hin: Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.

Dieser Hallodri als Vorbild … wofür soll der uns bitteschön ein Vorbild sein? Ich habe da mal einige Ideen.

Die Sache mit dem Geld

Zum Ersten: Ich rege mich mal wieder auf, weil es in dieser Erzählung um viel Geld geht, das zu unrecht hin- und hergeschoben wird. Der Verwalter wirtschaftet angesichts der anstehenden Entlassung munter drauf los, erlässt Schulden nach gutdünken. So, als wäre das Geld seines Chefs nichts wert, als wäre es Spielgeld wie bei Monopoly.
Und dabei ist Geld doch wertvoll und wichtig. So wichtig das man dafür Menschen ausbeutet, Kinder entführt, Frauen verkauft und Natur zerstört. Geld ist für uns oft genug alles! Und ohne Geld ist alles nichts. Geld wird zum Maßstab – an ihm wird so vieles gemessen und beurteilt. Wir fragen: Was verdienst du? Statt: Hast du einen Beruf, der dir Freude macht und dir auch Luft lässt zum Atmen? Wir haben uns oft genug damit arrangiert, dass sich alles ums Geld dreht.

Wenn man davon hört wie oft Geschwister wegen in paar Tausend Euro beim beerben ihrer Eltern total zerstritten sind; kein Wort mehr miteinander reden! Wegen Geld! Da war wahrscheinlich wirklich etwas finanziell ungerecht – aber muss ich mir deshalb unseren Familienzusammenhalt kaputtmachen lassen?
Demgegenüber sagt Jesus am Ende: macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon. Freunde – nicht Feinde. Da könnte uns der respektlose Umgang des Verwalters im Gleichnis mit dem Geld vielleicht doch ein bisschen ein Vorbild sein. Es hat mit viel Geld gearbeitet – jetzt wird er bald wohl keines mehr haben. Er disponiert um! Und er schaut, dass er sich Freunde für die Zukunft erhält – ja, Geld ist eben doch nicht alles.

Die Sache mit der Sackgasse

Liebe Gemeinde,
die Klugheit dieses Verwalters, von der Jesus spricht zeigt sich auch im grundsätzlichen Umgang mit seiner aktuellen Situation, genauer gesagt mit der Sackgasse, in der er sich befindet. Es gibt ja öfter Situationen, in denen wir in Sackgassen geraten. Es wird klar: So, wie bisher geht es nicht mehr weiter. Irgendwo da vorne ist Schluss.

Unser „Held” erkennt noch vor seiner Kündigung, dass er sich in einer Sackgasse befindet. Seine Schlampereien werden ans Licht kommen, sein Chef wird garantiert reagieren und ihn rauswerfen. Und schon jetzt überlegt er, wie er aus dieser Sackgasse herauskommen kann und legt dabei doch eine enorme Kreativität an den Tag – und eine gewisse kriminelle Energie (das wollen wir nicht verschweigen).

Sackgassen als Sackgassen erkennen und kluge Konsequenzen daraus ziehen. Das ist eine Kunst, und zahlreiche Bibelausleger sehen genau darin das, was Jesus eigentlich in dieser Erzählung loben will.

Sackgassen nicht zu erkennen – das führt oft in Katastrophen.

Heute, am Volkstrauertag, denken wir auch an die Menschen, die in den letzten Kriegsmonaten ihr Leben gelassen haben. Als 1945 für die Mehrheit, auch der militärisch Verantwortlichen, klar war: Wir werden den Krieg verlieren, der Weg, den Deutschland eingeschlagen hat ist eine Sackgasse. Wir haben keine Chance. Und doch hat man weiter gekämpft, hat mit dem Volkssturm Tausende von Menschen in den Tod geschickt, als wäre der „totale Krieg” ein Ausweg aus dieser Sackgasse.

Es gibt auch Dramen im Kleinen: Lehrer am Gymnasium erleben immer wieder, dass sich ein völlig überforderter Schüler von Jahrgangsstufe zu Jahrgangsstufe quält. Er ist dieser Schulart eigentlich nicht gewachsen, und doch muss er durch, weil die Eltern es gut meinen, und ihm alle Lebenschancen eröffnen wollen. So bleibt er im einen Jahr sitzen, im nächsten Jahr wird ein Antrag an die Schule gestellt, dass er trotz seiner zwei Fünfer doch noch auf Probe vorrücken darf. Immer der Schlechteste in der Klasse, mehr und mehr zerbröckelt sein Selbstwertgefühl. Schlimm, wenn Eltern nicht sehen, in welche Sackgasse sie ihr Kind hineinmanövrieren, und nicht bereit sind, zu erkennen, dass eine andere Schullaufbahn viel besser zu ihrem Kind passen wurde.

Sackgassen erkennen und rechtzeitig neue Wege gehen – weil man eben am Ende der Sackgasse mit dem Kopf eben nicht durch die Wand kommt.
Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte.

Sackgasse der Endlichkeit

Wir könnten jetzt viele andere menschliche, politische oder ökologische Sackgassen anschauen – aber eine schlägt sie alle: Die Sackgasse unserer menschlichen Endlichkeit. Irgendwann ist unser Leben zu Ende. Das wissen wir jetzt schon – und doch gibt es Menschen, die davor kategorisch die Augen verschließen. Sie wissen es, aber reagieren nicht darauf. Ihnen fehlt eine Strategie. Die Sackgasse aber bleibt.
Aber es gibt auch Andere: Menschen, die angesichts dieser Sackgasse des Todes ihren Plan haben. Die im Vertrauen auf Jesus Christus den Weg gefunden haben, aus dieser Sackgasse herauszukommen und den Tod zu überwinden. Ich bewundere mache Menschen, die im hohen Alter gelassen von ihrem Tod reden. „Ja, es ist alles geregelt. Ich vertraue auf die Auferstehung und lebe mit gutem Gefühl auf meine letzten Tage hin. Ich bin gespannt, wie es sein wird, drüben, in dieser neuen Welt Gottes”.
Worte, die noch viel gelassener sind als die Sätze des Verwalters im Gleichnis.
„Ja, ich habe mir dort Freunde gemacht, ich bin mir sicher, sie werden mich aufnehmen in ihren Hütten. Nicht mit Geld habe oder konnte ich das bezahlen. Mein Vertrauen, mein Glaube ist das, was mir die Tür dorthin aufsperrt.”

Liebe Gemeinde, ein Betrüger ist er gewesen, dieser Verwalter in Jesu Gleichnis, dafür müssen wir ihn nicht loben oder bewundern.
Aber mit der Konsequenz, mit der Entschiedenheit und Kreativität, mit der er sich aus seiner Lebens-Sackgasse herausbefördert hat, kann er uns ein Vorbild sein.
Klug, phantasievoll, vorausschauend und ein bisschen raffiniert – so sollten Christen öfter sein
Als Pfarrer auf der Kanzel möchte ich so was eigentlich nicht direkt empfehlen. Aber wenn Jesus und dazu mit diesem ungewöhnlichen Gleichnis aufruft, wage ich da auch nicht zu widersprechen.

Amen

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